© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/11 01. Juli 2011

Mit Schlagringen und Aktenordnern
Berlin: Die Bürgerbewegung Pro Deutschland muß im Wahlkampf mit linksextremistischen Gewalttätern und Behinderungen durch die Behörden kämpfen
Henning Hoffgaard

Es läuft ganz gut für Manfred Rouhs. Die Sonne strahlt, der Wochenmarkt ist gut gefüllt und die Leute unterschreiben fleißig für den Wahlantritt von Pro Deutschland. Mehr als 20 Unterstützungsunterschriften für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im September konnte Rouhs, der auch Spitzenkandidat ist, mit seinen drei Mitstreitern innerhalb von einer Stunde in Berlin-Köpenick sammeln. Vor allem Ältere sind für die Forderung der Partei nach mehr innerer Sicherheit und verstärkter Polizeipräsenz empfänglich.

Wie berechtigt diese Forderungen offenbar sind, zeigt der Angriff von sechs mit Schlagringen bewaffneten Linksextremisten auf den stellvertretenden Kreisvorsitzenden der Bürgerbewegung in Treptow-Köpenick, André Tügend, am Rande einer Pro-Veranstaltung zum Gedenken an den 17. Juni. Mit stark blutenden Platzwunden am Kopf können Tügend und sein Bruder den Schlägern entkommen. Ein Sprecher der Polizei sagte der JUNGEN FREIHEIT, die Beamten hätten zwar zwei Täter festgenommen, diese seien nach Aufnahme ihrer Personalien jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Derzeit ermittelt der Staatsschutz gegen die Angreifer wegen Körperverletzung. Dieser Übergriff ist kein Einzelfall (siehe Kasten).

Auch anderswo kämpfen Rouhs und seine Mitstreiter mit Gegenwind. So mußten sie erfahren, daß schon die Anmeldung von Infotischen im grün regierten Friedrichshain-Kreuzberg nur mit juristischen Mitteln möglich ist. Die Bezirksverwaltung hatte zuvor alle von der Pro-Bewegung vorgeschlagenen Standorte abgelehnt. „Das gab ein Riesentheater“, sagt Rouhs. Am Ende sei er zusammen mit zwei Verwaltungsbeamten und einem Richter die Orte abgefahren und habe sich immer absurdere Begründungen für die Verweigerung einer Genehmigung anhören müssen. Mal kritisierten die Bürokraten den geringen Abstand zur Straße, der es zwei nebeneinander fahrenden Kinderwagen nicht ermöglicht hätte, am Tisch vorbeizufahren, und selbst vor einem Einkaufszentrum mit 14 Meter breitem Gehweg meldete das Bezirksamt Bedenken an. Am Ende gaben die Richter der Bürgerbewegung in allen Punkten recht.

Unter Hochdruck versucht diese jetzt, die nötigen Unterschriften für den Bezirk zu sammeln. Damit das auch klappt, hat der 45jährige den Berliner Landesverband straff durchorganisiert. Bereits drei Wochen vor Ablauf der Frist ist es der Partei so gelungen, die nötigen 2.200 Unterschriften für die Landesliste zu sammeln. Weitere 500 befinden sich noch in der Prüfungsphase. Auch für zehn der zwölf Berliner Bezirke hat Pro die nötigen Stimmen bereits zusammen.

Dabei hatte der Wahlkampf denkbar ungünstig begonnen. Der als Spitzenkandidat vorgesehene deutsch-schwedische Unternehmer Patrik Brinkmann zog seine Kandidatur im Streit um einen homosexuellen Kandidaten für die Bezirksverordnetenversammlung in Mitte zurück. Rouhs glaubt indes, Brinkmann sei zurückgetreten, um seine massiven finanziellen Versprechen gegenüber der Pro-Bewegung nicht einlösen zu müssen.

Doch auch ohne die zweifelhaften Brinkmann-Millionen plant er mit einem Wahlkampfbudget von 180.000 bis 200.000 Euro, die vor allem über Kleinspenden finanziert werden sollen. Weitere Unterstützung erhofft er sich von Pro NRW. Etwa zehn aktive Wahlkämpfer aus dem Rheinland sollen die Berliner in der heißen Wahlkampfphase unterstützen. Den inhaltlichen Schwerpunkt will Rouhs auf die Themen innere Sicherheit, Islamisierung, direkte Demokratie und das finanzielle Ausbluten Deutschlands durch die Griechenland-Milliarden legen.

Größtes Problem der Partei ist dabei ihre fehlende mediale Präsenz. Im Gegensatz zur Stadtkewitz-Partei „Die Freiheit“ (JF 26/11) findet Pro in den Hauptstadtblättern praktisch nicht statt. Um das zu ändern, plant Rouhs für Ende August, wenige Tage vor dem Auftritt von Geert Wilders bei der „Freiheit“, einen „Anti-Islamisierungskongreß“ in Berlin mit 500 Teilnehmern. Als Redner hätten bereits die österreichische FPÖ-Politikerin Susanne Winter und Filip Dewinter vom belgischen Vlaams Belang zugesagt. Mit deren Unterstützung soll der Einzug ins Parlament gelingen. Allein mit einem gut funktionierenden Wahlkampfteam wird der sich jedoch nicht verwirklichen lassen.

 

Übergriffe im Berliner Wahlkampf

17. Juni: Sechs Linksextremisten überfallen zwei Mitglieder von Pro Deutschland. Die beiden werden am Kopf verletzt.

22. Juni: Fünf Vermummte greifen den Neuköllner NPD-Bezirkspolitiker Jan Sturm an und fügen ihm laut Polizei  „multiple Kopfverletzungen“ zu.

25. Juni: Fünf Linksextremisten überfallen einen NPD-Wahlkämpfer und prügeln auf ihn ein.

25. Juni: Der Berliner Landesvorsitzende der NPD, Uwe Meenen, wird zusammengeschlagen und mit Reizgas besprüht.

26. Juni: Mehrere Personen schleudern Flaschen auf einen Wahlkämpfer von Pro Deutschland und treffen diesen am Kopf.

27. Juni: Unbekannte Täter werfen Farbbeutel auf einen Infotisch von Pro Deutschland.

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