© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/11 01. Juli 2011

Grüne im Aufwind
Innen tiefrot
Klaus Hornung

Die Grünen sind zur Zeit im Aufwind. Den haben ihnen Fukushima und Stuttgart 21 beschert, aber auch eine politische Urteilsschwäche des Bürgertums, die an 1933 erinnert. Stuttgart war einmal eine Hochburg der Liberalen, nun sind viele aus den sogenannten Stuttgarter „Halbhöhenlagen“ zu den Grünen übergelaufen.

Das grüne Markenzeichen war und ist die Ökologie, sind Natur- und Klimaschutz und der Kampf gegen die Atomenergie. Das ökologische Feldzeichen benutzen sie geschickt dazu, ihre anderen Markenzeichen im Blick auf die bürgerlichen Neuwähler in den Hintergrund zu schieben.

Als Helmut Schmidt 1980 auch gegen die große Mehrheit seiner eigenen Partei für die Nato-Nachrüstung stritt, gehörten die Grünen zu jener „Friedensbewegung“, für die die Sowjetraketen der Verteidigung des Friedens dienten, die westlichen aber Nachweis der „organisierten Friedlosigkeit“ des Spätkapitalismus waren. Die heutigen Grünen haben, zumindest nach außen, ihren Frieden mit der Nato und Amerika gemacht, seit Joschka Fischer von der damaligen Außenministerin Madeleine Albright auf den Militäreinsatz im Kosovo verpflichtet wurde. Später zogen sie sogar beim Afghanistankrieg mit.

Wenn man heute Jürgen Trittin hört, gehören die Grünen inzwischen zu den Musterschülern der Nato. Ihre Rückkehr in die Bundesregierung 2013 ist ihnen jede Messe wert. Ein anderes Markenzeichen, die rigorose Einwanderungs- und Multikultipolitik, vertreten sie jedoch nach wie vor, besonders wenn es nach 2013 zum Schwur über den türkischen EU-Beitritt kommen wird. Und ebenso ist ihre Schul- und Bildungspolitik ein trüber Neuaufguß der sozialistischen Einheitsschule der DDR unseligen Angedenkens.

Mit ihrem ökologischen Bukett empfehlen sie sich ihren zur politischen Naivität neigenden Neuwählern als eine Art fortschrittlich-konservative Partei. In den meisten anderen Programmpunkten stecken aber zahlreiche sozialistische Pferdefüße, alles umrahmt von einer maximalen Distanz zu nationaler Überlieferung und Identität sowie zu deutschen Interessen. Stets sind sie internationalen Einflüssen und Interessen gegenüber aufgeschlossener als denen der deutschen Mehrheitsbevölkerung. Es ist die Stunde der kritisch-nachdenklichen deutschen Wähler.

 

Prof. Dr. Klaus Hornung lehrte Politikwissenschaft an der Universität Hohenheim.

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