© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/11 24. Juni 2011

Grüße aus Madrid
Glück eines Wutbürgers
Michael Ludwig

Eine andere Welt ist möglich, stand auf einem der unzähligen Plakate, die die Indignados, die spanische Variante des deutschen Wutbürgers, im Zentrum von Madrid aufgehängt hatten. Für einen von ihnen ist dieser Spruch jetzt Wirklichkeit geworden – allerdings nicht durch politische Kärrnerarbeit, sondern durch schlichtes Glück. Während der 34 Jahre alte Arbeitslose mit seinen Gesinnungsgenossen die Puerta del Sol besetzt hielt, um einen Linksruck in der spanischen Gesellschaft zu erzwingen, zog eine Glücksfee sein Lotterielos. Nun ist der frühere Habenichts Millionär, auf seinem Konto befinden sich exakt 1,3 Millionen Euro.

Seit 2007 hoffte der Beschäftigungslose darauf, durch ein wohlwollendes Schicksal reich zu werden und abonnierte via Internet ein Wochenlos bei der Loteria Primitiva. Doch vor zwei Monaten stoppte er aus finanziellen Gründen den Dauerauftrag, den er erst am letzten Donnerstag wieder erneuerte. „Als wir ihn nach der Ziehung am Samstag anriefen und ihm sagten, er habe gewonnen, glaubte er uns kein Wort. Wir mußten ihn dazu überreden, das Internet-Konto, das er bei uns eingerichtet hatte, anzusehen, denn wir hatten das Preisgeld bereits gutgeschrieben“, erklärte Sascha Badelt, Generaldirektor der Firma Serviapuestas, die das Glücksspiel im Internet anbietet.

Der 34jährige, der lieber anonym bleiben möchte, plant nun, eine eigene Firma zu gründen. Welcher Art sie sein wird, verschweigt er ebenfalls, um Begehrlichkeiten seiner linken Gesinnungsgenossen erst gar nicht aufkommen zu lassen. Er selbst formuliert das mit einem politisch neutralen Unterton: „Ich will nicht, daß man meinen Fall mit der neuen sozialen Bewegung des 15. Mai in Verbindung bringt.“

Die Besetzung der Puerta del Sol ist am letzten Sonntag zu Ende gegangen. Einen Monat lang hatten sich dort vorwiegend Jugendliche versammelt, um in Zelten und selbstgebastelten Unterkünften zu kampieren – ein sichtbarer Protest gegen das Versagen der sozialistischen Regierung, die es geschafft hat, die Jugendarbeitslosigkeit auf 45 Prozent anwachsen zu lassen. In Barcelona belagerten in diesen Tagen rund 5.000 Indignados das katalanische Parlament, um die dort beginnenden Haushaltsberatungen zu verhindern. Eine Reihe von Abgeordneten konnte nur mit Mühe und unter Polizeischutz das Tagungsgebäude erreichen.

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