© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/11 17. Juni 2011

Haltungsnote
DJ mit Zukunftssorgen
Christian Schwiesselmann

Bumm. Bumm. Bumm. Bumm.  Für die Gegner der „elektronischen Tanzmusik“ namens „Techno“ ist damit alles gesagt. Wer die bizarren Bewegungen der Technojünger vor trommelfellzerschmetternden Baßboxen nicht für epileptische Anfälle hält und jedesmal kurz vor dem Notruf steht, dem dürfte der Name Paul Kalkbrenner etwas sagen.

Nach Kennern der Szene gehört er zu den bekanntesten Diskjockeys (DJs) Deutschlands. Der Macher hinter den Mischpulten, Synthesizern und Laptops ist im Unterschied zu vielen Technofans politisch interessiert. Wie er jüngst im Gespräch mit dem Stadtmagazin Prinz verriet, macht sich der 33 Jahre alte Technoproduzent so seine Gedanken über Deutschlands Zukunft. Zum Beispiel über die „wachsenden Staatsschulden, den ‘kleinen Mann’ und die großen Fragen der Menschheit.“

Kalkbrenners Inspirationsquelle ist dabei die Lektüre historischer Bücher. Momentan lese er Günter Ederers Neuling „Träum weiter, Deutschland!“, gestand die Techno-Ikone. Seinem soeben erschienenen Album „Icke wieder“ merkt man an, daß Kalkbrenner aus kulturell interessiertem Hause stammt. Seine Eltern – beide Kulturjournalisten – haben ihm nicht nur „Ännchen von Tharau“ vorgesungen, sondern auch das Trompetenspiel ermöglicht.

Einige musikalische „Kreationen“ des gebürtigen Leipzigers, der in Berlin-Friedrichshain aufwuchs, mischen Streichermelodien mit harten Beats. Immerhin locken sie Tausende zu den sogenannten „Liveacts“ des Meister-DJ. Seine zwei Auftritte in der Wuhlheide sind mit jeweils 17.000 Karten bereits ausverkauft. Techno ist längst zur „Volksmusik“ geworden, das Publikum tendiere eher zur staatstragenden Schicht. „Gott sei Dank sind die nicht alle wie wir“, spottet der Sonnenbrillenträger über die eigene Zunft. 

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen