© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/11 03. Juni 2011

Aufgeschnappt
Interkulturelle Kompromisse
Matthias Bäkermann

Man war man bereits einen Monat zu spät dran. Eigentlich hätte das achte „Internationale Kinderfest“ in Melle im Osnabrücker Land bereits am 23. April stattfinden müssen. Dann nämlich begeht man den von Atatürk 1920 eingeführten offiziellen „Feiertag für die Kinder in der Türkei“. Der Neuen Osnabrücker Zeitung erklärte Organisator Mehmet Azattemür vom Türkischen Elternverein die Veranstaltung vom 21. Mai: „Gemeinsam zu feiern und einen besonderen Tag zu erleben, das ist das Zeichen der Integration, das wir mit diesem Fest setzen wollen.“

Zumindest der türkische Charakter des „internationalen“ Integrationsfestes, mit vielen örtlichen Vereinen als Mitausrichter, blieb trotz Gesangsdarbietung auf russisch oder Schnitzkunst aus Kenia aber erhalten. Dafür sorgten nicht nur türkisches Essen und Getränke, sondern allein die laut NOZ-Artikel „für ein Kinderfest etwas befremdliche Nationalsymbolik“, zu der die eingangs gesungene türkische Nationalhymne oder das Verlesen eines patriotischen Gedichtes aus der Türkei gehörte. Das völlige Fehlen deutscher Nationalsymbole erläuterte Gerhard Hagensieker, Schulleiter der örtlichen Grund- und Hauptschule, stichhaltig: „Da das Singen der Nationalhymne in Deutschland nicht den gleichen Stellenwert besitzt und wir sie auf einem Kinderfest nicht passend fanden, haben wir auf die deutsche Hymne verzichtet.“

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