© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/11 27. Mai 2011

Meldungen

Juristische Krebsgänge der US-Hirnforschung

WASHINGTON. Im deutschen Strafverfahren ist der Polygraph kein Beweismittel. Das ändert sich wohl auch dann nicht, wenn neuere US-Trends wie der Anmarsch der Neurowissenschaften auf die Gerichtssäle rezipiert werden. Der „Lügendetektor“ ist zu grob, Messungen in Hirnregionen versprechen zuverlässigere Einschätzungen von Zeugen und psychiatrischen Gutachten. Jüngste Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs bestätigen aber Skeptiker, die die Rechtsfindung nicht an den noch widersprüchlichen Erkenntnisfluß der Hirnforschung ketten wollen. So begründete der Supreme Court 2010 seine Ablehnung lebenslänglicher Haft für unter 18jährige mit neurowissenschaftlich erhärteten „fundamentalen Differenzen“ zwischen zerebralen und psychischen Strukturen Jugendlicher und Erwachsener. Gleichzeitig erschien eine Studie über potentielle jugendliche Straftäter, in deren Hirnen die für die Selbstkontrolle zuständigen Areale genauso ausgeprägt gewesen seien wie bei Erwachsenen (Scientific American, 4/11). (kn)

 

Alzheimerdiagnostik und Kostendämpfung

ZÜRICH. Alzheimerpatienten sind heute jünger und kognitiv weniger beeinträchtigt als vor zehn Jahren. Das liegt an der verbesserten Früherkennung und an der Qualität antidementiver Medikamente, die die Erkrankung verzögern. Da sich in der Alzheimerdiagnostik eine „rege Forschungstätigkeit“ entfalte, so berichtet die Psychologin Katja Werheid (HU Berlin), werde sich die Entwicklung, daß leichtgradig Erkrankte „mitten unter uns“ leben, verstärkt fortsetzen (ZPPP, 2/11). Zumal sich durch automatisierte Erfassung strukturell-anatomischer Anomalitäten wie zerebraler Atrophien die Differentialdiagnostik bei Alzheimerverdacht erheblich verfeinern lasse. So wünschenswert die Demenzdiagnostik jedoch sei, so sicher stünden ihr „aktuelle Kostendämpfungsmaßnahmen“ im Gesundheitswesen entgegen. (hm)

 

Probleme zwischen Physikern und Politikern

Stuttgart. Physiker entdeckten den Treibhauseffekt und die globale Erwärmung. Dies nehme sie in eine besondere therapeutische Pflicht, der sie durchaus gerecht würden, meint Wolfgang Sandner, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Denn seine Kollegen sieht er in „vorderster Front“ bei der Lösung globaler Energieprobleme (Bild der Wissenschaft, 5/11). Zugleich spüre man den wachsenden Stellenwert physikalischer Erkenntnisse bei Politikern. Leider stoße man bei Wirtschafts- und Sozialpolitikern weiter auf großes Unverständnis. Was verwundere angesichts des großen ökonomischen Potentials, das etwa in den Innovationen der Laserphysik stecke, so Sandner. (psch)

 

Erkenntnis

„Da nun Menschen und Tiere das gleiche Empfindungsvermögen haben, kommt ihnen auch das Recht zu, sich vom anderen nicht mißhandeln und quälen zu lassen.“

Jean-Jacques Rousseau, Philosoph, in seiner Abhandlung über den Ursprung der Ungleichheit (1755)

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