© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/11 27. Mai 2011

Umwelt
Lärm macht ganz krank
Volker Kempf

Etwa ein Viertel der Krankheiten in Europa sind auf Umwelteinflüsse zurückzuführen. Neben Straßen-, Schienen- und Fluglärm schlage auch solcher aus Industrie und Gewerbe deutlich zu Buche, heißt es in der Studie „Krankheitslast durch Umweltlärm – Quantifizierung des Verlustes an gesunden Lebensjahren in Europa“, die vom Regionalbüro Europa der Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlicht wurde. Danach leidet tagsüber jeder dritte Bürger an Verkehrslärm und jeder fünfte fühlt sich dadurch im Schlaf gestört. Es bestünde der epidemiologische Nachweis, daß die Personen, welche dauerhaft einem hohen Umweltschallpegel ausgesetzt sind, ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten haben. Lärm, so heißt es weiter im WHO-Bericht, „wird daher nicht nur als Umweltfaktor betrachtet, der die empfundene Lebensqualität beeinträchtigt, sondern auch als eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit“.

Ballungsräume sind erwartungsgemäß stärker betroffen als ländliche Regionen, aber letztere sind damit nicht unbedingt Inseln der Ruhe. Nicht nur so mancher Nachbarschaftskonflikt hat seine Ursache in Lärmbelästigung. Der eine oder andere Baum wird gefällt oder erheblich zurechtgestutzt, um Krähen loszuwerden. Mit Krähen kann man das machen, die haben keine Lobby. Konfliktreicher wird es, wenn Lärm und Wirtschaftsinteressen ineinandergreifen. Dann entstehen nicht selten Bürgerinitiativen, weil Anwohner beispielsweise ein Interesse an einer für sie weniger lärmenden Trassenführung für eine neue Bahnstrecke haben. So manche Wählergruppe hat sich im Kampf gegen den Lärm gegründet oder daraus viel Potential gezogen. Der Kampf gegen den Umweltlärm ist nicht so prestigeträchtig wie der Bau neuer Wohnviertel oder die Umgestaltung eines Bahnhofes, aber ein Dienst am Bürger, der leider noch immer viel zu kurz kommt.

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