© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/11 13. Mai 2011

Leserbriefe

Zu: „‘Berlin haßt die Polizei’“ von Henning Hoffgaard, JF 19/11

Friedliche Steine und Flaschen

Es war ja friedlicher als sonst, so der allgemeine Tenor. Abgesehen davon, daß viele Chaoten sich in Hamburg austobten, hatte sich hier die Polizei teilweise „zurückgezogen“, um nicht zu provozieren, wie es offiziell hieß. So konnten die Randalierer ungehindert Steine und Flaschen in Schaufenster werfen. Der Innensenator war zufrieden mit den Ereignissen. Daß es wieder einmal verletzte Polizeibeamte gab, mit 100 an der Zahl wie im vorigen Jahr, ist wohl nur eine Randerscheinung. Sie wurden ja auch „nur“ leicht verletzt.

Wolfgang Pickert, Berlin

 

 

Zu: „Nicht nur am 1. Mai“ von Felix Krautkrämer, JF 18/11

Anarchistischer Terror salonfähig

Hier wird das Problem der Vernachlässigung linksextremer Gewalt auf den Punkt gebracht. Ich habe mich auch immer gefragt, was Brandstiftung, beschmierte Hauswände, Körperverletzungen und Landfriedensbruch mit Autonomie zu tun hat. Übrigens ist der 1. Mai ein Feiertag! Doch in Anbetracht der Tatsachen sowie der zahlreichen Feiertage in Deutschland meine ich, daß man besser den 1. Mai, anstelle des Buß- und Bettags, gestrichen hätte.

Nachhaltig schockierte mich eine Rundfunkmeldung, in der die Rede von „traditionellen Randalen“ war. Der anarchistische Terror scheint salonfähig geworden zu sein. Ich kenne jedenfalls keine solche Tradition. Sollte es diese tatsächlich geben, müßte ich mich wirklich schämen, Deutscher zu sein.

Achim Hammacher, Bonn

 

 

Zu: „Merkels Monopol“ von André Freudenberg, JF 19/11

Monopolstellung nicht haltbar

So berechtigt der Ärger über die Unverbindlichkeit und bloße Machtgier von Frau Merkel sein mag – man kann doch nicht ernsthaft sagen, daß sie ein Monopol hätte. Auch Helmut Schmidt hatte immer eine sehr starke Abneigung gegen die Grünen. Er konnte aber nicht verhindern, daß sie sich schließlich zu einem Machtfaktor entwickelten. Der CDU und Merkel dürfte es demnächst ähnlich ergehen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sich auch rechts von der Union Parteien entwickeln wie seinerzeit – links von der SPD – die Grünen.

Klaus-Peter Kubiak, Recklinghausen

 

 

Zu: „Sarrazin bleibt im Ring“ von Dieter Stein, JF 18/11

Bitte keine Vernunft unterstellen!

Die wohlwollende Meinung von Dieter Stein über die SPD entsprang wohl seiner Höflichkeit oder der Hoffnung, zumindest eine der im Parlament vertretenen Parteien habe die Realitäten erkannt. Nachdem man Thilo Sarrazin zunächst als ausländerfeindlichen rechten Populisten niedergemacht hat (meist ohne das Buch gelesen zu haben!), merkte man inzwischen, daß seine Feststellungen Fakten sind und Volks- wie Wählermeinung entsprechen. Daß sich die SPD mit der Sarrazin-Entscheidung um die Demokratie verdient gemacht hat, resultiert eben nur aus der Angst vor den kommenden Wahlen. Wir wollen dieser Partei (aber auch den anderen im Bundestag vertretenen) doch bitte keine Vernunft unterstellen!

Gerhard Fritz, München

 

Ein kleines Osterwunder der SPD

Die Entscheidung, Thilo Sarrazin nicht aus der SPD auszuschließen, ist völlig opportunistisch. Hier 512.000 SPD-Mitglieder, dort bisher 1.400.000 Käufer des Sarrazin-Buches. Die kurz vor Ostern gefällte Entscheidung der örtlichen SPD-Schiedskommission war offensichtlich außerhalb sorgfältig vorbereitet worden – und trotzdem war sie eine Überraschung. Für die Öffentlichkeit war es ein kleines Osterwunder in der SPD. Der Nichtausschluß bedeutet: Sarrazin bleibt gutzahlendes Mitglied, ist aber kaltgestellt, weiterhin diffamierbar und einflußlos. Ein Ausschluß hätte eine unwägbare Gefahr bedeutet: eine Austrittswelle aus der SPD. Dieter Stein liegt mit seinen Schlußfolgerungen, der Kampf gegen Rechts in der SPD sei „beendet“ und die Partei habe sich „um die Demokratie verdient gemacht“, völlig daneben. SPD-Anzeigen, die um Mitglieder werben, wird man wohl auch in Zukunft in der JUNGEN FREIHEIT vergeblich suchen.

Werner Schnörringer, Ludwigshafen

 

 

Zu: „Geschichte einer Komplizenschaft“, Interview mit Jan Gross, JF 18/11

Erst kollaboriert, dann kollabiert

Das wahre Ausmaß der Komplizenschaft der polnischen Regierung mit Hitler zeigte sich 1938, als Polen sich – im Windschatten der deutschen Wehrmacht – seinen Teil der tschechischen Beute, das Teschener Gebiet, einverleibte und anschließend die Verbindungen zu Hitler intensivierte. Polen hatte nach der Münchner Konferenz versucht, Deutschlands Billigung für eine „Lösung“ der karpatho-ukrainischen Frage im polnischen Sinne zu erhalten, die auf eine Trennung dieses Gebietes von der Tschechoslowakei hinauslief. Insbesondere die amerikanische und britische Diplomatie war über diese Kollaboration mit Hitler empört.

So nannte es der amerikanische Außenminister Sumner Welles dem tschechischen Präsidenten Beneš gegenüber im Jahre 1943 einen „Skandal“, was aus Polen nach dem Ersten Weltkrieg gemacht worden sei: „It was a nonsense that a nation of 20 million would play it big in between 80 million Germans and 200 million Russians.“ Noch deutlicher äußerten sich im Juni 1939 die beiden britischen Diplomaten im Außenamt, William Strang und Gladwyn Jebb, die in offiziellem Auftrag Polen bereisten. In ihrem Bericht ist von „polnischem Chauvinismus“, „Eroberung und Annexion fremden Territoriums“ und „aggressiven Stimmungen in Polen“ die Rede. Am 26. August 1939 berichtete der außenpolitische Berater Roosevelts, Joseph Davies, von der Äußerung eines polnischen Regierungsmitgliedes während ihres Gespräches: „Die polnische Regierung wird es der Welt zeigen; drei Wochen nach Kriegsausbruch werden polnische Truppen in Berlin sein.“

Dr. Roland Mackert, Sachsenheim

 

Lange antisemitische Tradition

Zu Geschichte und Konsequenzen des polnisch-russischen Antisemitismus gibt es ein ausführliches Buch des französisch-jüdischen Historikers Didier Epelbaum, „Les enfants de papier“ (Grasset, 2002). Nachdem schon im Zarenreich immer wieder Pogrome und staatliche Unterdrückungsmaßnahmen um sich griffen, nahm der Kampf gegen die jüdische Bevölkerung in Polen sofort – als das Land durch die Mittelmächte im Frieden von Brest-Litowsk wieder auf die europäische Landkarte gesetzt worden war – äußerst krasse Formen an.

So zitiert Epelbaum einen von der sozialistischen Internationale in Luzern 1920 herausgegebenen Bericht, in dem von 700 zerstörten Ortschaften und Zehntausenden getöteten Juden die Rede ist. Die Ereignisse werden als „Versuch einer totalen Zerstörung der jüdischen Bevölkerung“ bezeichnet. Auch in den Folgejahren wurden die polnischen Juden als zweitklassige Staatsbürger behandelt. Diese Unterdrückung spitzte sich unter der 1935 an die Macht gekommenen Militärjunta (Oberst Beck) weiter zu.

Während etwa die deutschlandweiten Pogrome im Ausland starke Kritik am Deutschen Reich hervorriefen, führte Polen seinerseits am 10. November 1938, dem Tag nach der „Kristallnacht“, völlig ungerührt einen „Aktionstag gegen Juden an polnischen Universitäten“ durch. Der polnische Antisemitismus hatte also schon eine lange Tradition, bevor die Deutschen nach der Niederlage Polens die Macht dort übernahmen.

Thomas Dunskus, Faleyras / Frankreich

 

 

Zu: „Für dumm verkauft“ von Klaus Peter Krause, JF 18/11

Wie Frankreich oder die Schweiz

Zur Frage der Kraftstoffsteuer und damit zusammenhängend der einer Vignette – nicht Maut – habe ich einen längeren Briefwechsel mit dem ADAC und mehreren Ministerien geführt. Folgend die hierzu wichtigsten Aspekte:

Durch den Tanktourismus subventionieren wir benachbarte Länder, wodurch uns laut ADAC zwei Milliarden Euro an Steuereinnahmen verlorengehen. Das Bundesverkehrsministerium kommt sogar auf bis zu fünf Milliarden Euro. Dabei ist der Tanktourismus in den östlichen Nachbarländern oft mit dem Einkauf von weiteren Waren und Dienstleistungen gekoppelt, so daß weitere Steuerausfälle entstehen. Diese können nur vermieden werden, wenn die deutschen Kraftstoffpreise an die der Nachbarländer angeglichen werden. Hierfür muß die deutsche Kraftstoffsteuer gesenkt werden. Zur Kompensation der steuerlichen Ausfälle wäre der Staat wohl auf eine Vignette angewiesen, die dadurch aber politisch eher durchsetzbar wäre. Zudem ergäben sich für unseren Staat zusätzliche Einnahmen, weil durchreisende Ausländer dann mittels einer temporären Vignette ebenso wie die Deutschen an den Autobahnkosten beteiligt werden könnten, beispielhaft hierfür wären Frankreich, Österreich und die Schweiz.

Dr. Friedrich Löffler, Wesseling

 

 

Zu: „Zersplitterte Landschaft“ von Gernot Facius, JF 18/11

Roms Medienlandschaft blüht

Die Betrachtung der katholischen Medienlandschaft bedarf einiger Ergänzungen. Mit der Tagespost gibt es durchaus eine katholische Zeitung, die sich sehen lassen kann. Radio Horeb konnte sich einen festen Platz in weiten Hörerkreisen erobern. Die Medienlandschaft hat mit den Fernsehsendern K-TV und Bibel TV ebenfalls eine wertvolle Ergänzung erfahren. Der Ratschlag zu kritischem Journalismus als Weg zum Erfolg wäre gewiß ein Irrweg. Es war noch nie gut, auf das eigene Tor zu schießen. Eigentore führen nicht nur beim Fußball zum Abstieg.

Ludwig Gschwind, Ursberg-Mindelzell

 

 

Zum Schwerpunktthema „Adieu, Wehrdienst“, JF 17/11

Erinnerung Luftschutzhilfsdienst

Wenn hier an die Zeit beim Bund erinnert wird, wäre es auch an der Zeit, an all die vielen Helfer zu erinnern, die im LSHD (Luftschutzhilfsdienst) ihren ehrenamtlichen Dienst verrichtet haben. In der Zeit von 1955 bis 1979 waren Hunderte von LSHD-Einheiten aufgestellt worden. Der Luftschutzhilfsdienst war dabei genau das Gegenstück zur Bundeswehr der fünfziger bis achtziger Jahre. Ausrüstung, Gliederung und Befehlssprache lehnten sich an die Zeit der SHD-Einheiten von 1940 bis 1945 an. Alle LS-Helfer waren einheitlich in sandfarbene Uniformen gekleidet, ergänzt durch Dienstgradabzeichen oder Fachdienstfarben. Man sollte den Helfern, die fast zwanzig Jahre lang das Pendant zur Bundeswehr waren, auch ein Denkmal setzen!

Harry H. Ostwaldt, Hollenstedt

 

 

Zu: „Marschbefehl in die Wüste“ von Paul Rosen, JF 16/11

Verfahren nach der Irak-Methode

Die Geschehnisse in Libyen sind geostrategisch und machtpolitisch zu sehen. Im Nahen Osten sind zwei Faktoren bestimmend: das Öl und Israel. In den ölliefernden Ländern Irak, Kuwait und den Golfstaaten sind amerikanische Truppen stationiert oder der amerikanische Einfluß ist dort dominierend. Lediglich der Iran und Libyen sind noch „eigenständig“. In Libyen wird zur Zeit nach der Methode Irak verfahren. Nach dem Sieg der „Koalition der Willigen“ dürfte ebenfalls eine Marionetten-Regierung eingesetzt werden, die dann Öl-/Gas-Förderlizenzen vergeben darf. Die entstandenen Kollateralschäden in Form von Menschenleben, zerstörten Häusern und Infrastrukturen sind dann bedauernswerte Folgeerscheinungen dieses „edlen Krieges“ (FAZ). Verbliebe nur noch der Iran.

Gunter Stöhr, Baden-Baden

 

 

Zu: „Marschbefehl in die Wüste“ von Paul Rosen, JF 16/11

Wenig Verstand und Weitsicht

Der Libyen-Krieg wird nach den Kriegen im Irak und in Afghanistan wieder einmal beweisen, daß ein Krieg schnell zu beginnen, aber sehr schwer zu beenden ist. Dieser Krieg wird Libyen in ein Chaos bomben, das in Generationen nicht mehr zu beseitigen ist. Europa und die Nato haben sich von dem verantwortungslosen Profilneurotiker mit Kurzzeithorizont Sarkozy in einen verbrecherischen Krieg hineinziehen lassen. Das wird nicht nur dem libyschen Volk enormen Schaden zufügen, sondern auch Europa noch teuer zu stehen kommen. Auch das Ansehen der Nato wird durch einen weiteren Krieg, der nicht zu gewinnen ist, schweren Schaden nehmen. Es ist beschämend und bezeichnend, wie wenig Verstand und Weitsicht dort am Werke ist.

Die Lösung des Libyen-Problems hätte anders betrieben werden müssen. Zunächst müssen Befreiungsbewegungen – in Libyen wie auch in anderen diktatorischen Unrechtssystemen – gefördert werden. Libyen muß ohne Blutvergießen und ohne vermeidbare Zerstörungen seiner gesamten staatlichen und wirtschaftlichen Struktur ungeteilt erhalten bleiben. Libyen hatte offenbar vor dem Krieg den höchsten Lebensstandard in Afrika. Eine positive evolutionäre Entwicklung Libyens, wie auch anderer Diktaturen, kostet Zeit und benötigt vor allem Frieden. Krieg hat zu allen Zeiten nur geschadet.

Herbert Ott, Esslingen

 

 

Zu: „Der Mythos einer friedlichen Koexistenz“ von Karl-Heinz Kuhlmann, JF 16/11

Invasion kein Privileg des Islams

Die Ableitungen des Verfassers aus den Eroberungskriegen und der sich anschließenden Unterdrückung der Christen durch die muslimischen Kalifen scheinen mir schon deshalb nicht haltbar zu sein, da man logischen Denksätzen folgend ansonsten auch aus der Christianisierung unter dem Deutschen Ritterorden, Karls des Großen oder mittels der Kreuzzüge dieselben Schlußfolgerungen für die Haltung des Christentums gegenüber anderen Glaubensrichtungen ziehen müßte. Ob dies der Verfasser möchte, ist stark zu bezweifeln.

Dr. Boris Lau, Groß Grönau

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