© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/11 13. Mai 2011

Frisch gepresst

Justizdramen. Allen Attitüden der Selbstabschaffung, des diplomatischen Kapitulantentums oder simpler Deeskaltionsrhetorik zum Trotz zeigen die staatlichen Überreste Deutschlands vor allem in Gerichtssälen noch ihre Zähne. Wahre Heldendramen werden inszeniert, wenn es Verstöße gegen den Paragraphen 130 Strafgesetzbuch als „Volksverhetzung“ zu ahnden gilt. In die Justizgeschichte eingegangen sind dabei die von 2005 bis 2009 verhandelten „Mannheimer Prozesse“ gegen die als „Holocaust-Leugner“ bekannt gewordenen Ernst Zündel, gegen Germar Rudolf sowie die Münchner Anwältin und „Reichsverteidigerin“ Sylvia Stolz. Der von einschlägigen Erfahrungen geprägte langjährige NPD-Aktivist Günter Deckert hat das Material kompiliert, mit Presseberichten und eigenen Kommentaren versehen und daraus eine beklagenswert unübersichtliche Dokumentation gefertigt. Trotzdem vermittelt schon die kürzeste Prozeßimpression die frappierende, mitunter ins Groteske umschlagende Akribie, die schlichte, mitunter idiotische Meinungsäußerungen und Gesinnungsbekundungen mit berserkerhafter Wut zu Staatsverbrechen aufbläht. (wm)

Günter Deckert: Die Mannheimer „Ketzer“-Prozesse 2005–2009 gegen Ernst Zündel, Germar Rudolf, Sylvia Stolz. Selbstverlag, Weinheim 2010, broschiert, 304 Seiten, Abbildungen, 21,95 Euro

 

Frankfurter Schule. Bereits der Umschlag des Werkes läßt erahnen, daß des Lesers Lust auf allzu differenzierte Analysen wohl unerfüllt bleiben wird. Neben Marx, Engels, Lenin und Stalin prankt dort das Logo der terroristischen Rote Armee Fraktion – als kommunistische Geißeln, deren Weg von Leichen gepflastert ist. Die geistigen Büchsenspanner des Frankfurter Instituts für Sozialforschung seien danach angetreten, so ist sich Autor Bernd Lindinger sicher, um „den Marxismus umzuschreiben“, um mit ihrer „Kritischen Theorie“ den Weg zum neuen Menschen nur subtiler zu ebnen. Dieser Holzschnitthaftigkeit treu bleibend, rechnet der FPÖ-Politiker dann allerlei Gesellschaftsübel Adorno, Horkheimer und Marcuse und ihren Adepten in die Bilanz: vom Feminismus, allgemeinem Werteverfall, RAF-Terror bis hin zu Kotfreß- oder Masturbations-Happenings der Wiener Aktionskunst-Scharlatane um Hermann Nitsch oder Günter Brus. (bä)

Bernd Lindinger: Eine Utopie zerstört die Realität: Die Frankfurter Schule. Eckartschrift 202. Österreichische Landsmannschaft, Wien 2011, broschiert, 110 Seiten, Abb., 8,20 Euro

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