© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/11 13. Mai 2011

Der Ordnung verpflichtet
Eine Biographie über Hansjoachim von Rohr
Christian Vollradt

Der Anfang seiner Karriere schien dem 1888 auf einem pommerschen Rittergut geborenen Hansjoachim von Rohr noch quasi in die Wiege gelegt worden zu sein: Kavallerist, Corpsstudent, Jurist. Doch Erster Weltkrieg und Revolution brachten die heile – das heißt in erster Linie königlich-preußische – Welt zum Einsturz. Der junge Adlige wurde Landwirt, Bauernfunktionär und zog als Agrarfachmann für die Deutschnationalen in den Preußischen Landtag. Im ersten Kabinett Hitlers wurde er Staatssekretär unter Landwirtschaftsminister Hugenberg – angesichts der schon zu dieser Zeit ausgewiesenen Feindschaft zum Nationalsozialismus ein heikles Unterfangen, das mit der Entlassung im September 1933 endete. Von Rohr, der beim „Röhm-Putsch“ auf der Todesliste des Regimes stand, saß vom 21. Juli 1944 bis Kriegsende in Gestapo-Haft. Nach dem Krieg wirkte er erneut als Bauernfunktionär und Agrarpolitiker.

Bereits vor fünfzig Jahren analysierte von Rohr, daß sich durch den stetigen Drang der beiden Volksparteien zur Mitte hin vor allem im rechten politischen Spektrum eine immense Lücke auftut, die – so Rohr – die FDP füllen müßte, der er sich als betont Konservativer schon 1950 angeschlossen hatte. 1969, im Gründungsjahr seiner später mit Criticón fusionierten Zeitschrift Konservativ heute, resümierte von Rohr diesen Entschluß: „Der Liberale ist geneigt, sich aus den gewachsenen Ordnungen zu lösen und galt in der Vergangenheit als der natürliche Gegner des Konservativen. Jetzt aber sind Liberale und Konservative in eine gemeinschaftliche Front gegen den Kollektivismus gedrängt, der sowohl die Freiheit wie die Bindung an natürliche Ordnung durch einen von Menschenhand (und Bürokratie) ausgeübten Zwang zu ersetzen sucht.“

Dabei gab es Ansichten, die viele seiner konservativen Zeitgenossen nicht geteilt haben, etwa seine Position für einen gemeinsamen europäischen Agrarmarkt sowie sein grundsätzliches Einverständnis mit der Ostpolitik der sozial-liberalen Koalition. Daß Adenauer 1952 die Stalin-Noten verwarf und statt dessen einer Westbindung den Vorzug gab, hatte der 1971 verstorbene von Rohr als Fehler kritisiert. 

Hans Christoph von Rohr: Ein konservativer Kämpfer. Der Agrarpolitiker und NS-Gegner Hansjoachim von Rohr. Hohenheim Verlag, Stuttgart, Leipzig 2010, gebunden, 164 Seiten, 16,90 Euro

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