© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/11 13. Mai 2011
Kieler Kommentar zum Grundgesetz: Global offener
Verfassungsstaat seit 1949 Im Mai 1945 war Deutschland am Ende: Ein international geächtetes Trümmerfeld, für das der Begriff Paria-Staat noch geschmeichelt gewesen wäre. Mit dieser Niederlage, so führt der Kieler Völkerrechtler Thomas Giegerich aus (Christiana Albertina, 2/2010), sei auch die Konzeption des nationalen Machtstaates, der, so die ahistorische Definition des Juristen, seine Interessen nach außen rücksichtslos auf Kosten anderer durchsetze, auf Dauer diskreditiert gewesen. Die Väter des Grundgesetzes (GG) hätten dieses daher in konsequenter Abkehr vom souveränen Nationalstaat als Gegenmodell, als europäisch und global offenen Verfassungsstaat entworfen. Die Vorstellungen der Gründergeneration, die die Tore in die überstaatliche politische Welt weit öffneten, gingen dabei wesentlich weiter, als sich viele heute träumen lassen. Diesem Geist habe es entsprochen, daß der Bundestag 1950 fast einstimmig einer Eingliederung in einen europäischen Bundesstaat zustimmte. Demgegenüber bemühe sich heute das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), das GG als Garanten der völkerrechtlichen Souveränität Deutschlands gegen eine bundesstaatliche EU in Stellung zu bringen. Dabei ermächtige das GG, mit Giegerichs Augen gelesen, die deutschen Staatsorgane seit 1949, in den EU-Bundesstaat einzutreten ohne nochmals, wie es das BVerfG verlangt, den Willen des deutschen Volkes einzuholen. www.wachholtz.de |