© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/11 29. April 2011

Aufgeschnappt
Godwins Gesetz bei den Linken
Matthias Bäkermann

Bei der Linkspartei qualmt es gewaltig, die Genossen streiten derzeit wie die Kesselflicker. Die Forderung des Vorsitzenden Klaus Ernst auf dem Hamburger Landesparteitag vor knapp zwei Wochen nach einem Ende der Personaldebatte nutzte er umgehend, um über machthungrige Genossen zu klagen, die ihn und Parteichefin Gesine Lötzsch „aus dem Amt mobben“ wollten. Das ließ den Bundesschatzmeister Raju Sharma nicht kalt, der Ernst aufforderte, „die Klappe zu halten“.

Diese flapsige Wortmeldung des Hamburger Rechtsanwalts, der erst 2005 von der SPD zu den Linken stieß, ermunterte die Parteilinke Sahra Wagenknecht am Mittwoch vor Ostern, den umgehenden Rücktritt Sharmas zu fordern, der seit knapp einem Jahr die klamme Kasse der Postkommunisten verwaltet.

Ganz nach dem „Gesetz“ des US-Rechtsanwalts Mike Godwin, der feststellte, daß jede Diskussion irgendwann auf Hitler und die Nationalsozialisten rekurriere, konterte der 47jährige mit Anspielung auf den Geburtstag des Leibhaftigen listig gegenüber der Berliner Zeitung: „Am 20. April sollte man als Linker nicht zurücktreten.“ Sollte Sharma seine Strategie nun auf die sensible Vermeidung neuralgischer Daten der NS-Geschichte oder gar rechtsextremer „Zahlencodes“ ausdehnen, könnte er Wagenknechts Rücktrittsforderung sogar langfristig aushebeln.

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