© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/11 22. April 2011

Luftkrieg über Stettin: Zeithistorisch mißachtet
Die Furcht vor dem Unbequemen
(ob)

Obwohl diesmal schmaler als gewohnt, deckt der von der Greifswalder „Gesellschaft für pommersche Geschichte, Altertumskunde und Kunst e.V.“ herausgegebene neue Band der Baltischen Studien (96/2010) wieder ein breites Spektrum pommerscher Geschichte, diesmal vor allem der Kirchen- und Kulturgeschichte ab. Der brisanteste Beitrag versteckt sich jedoch im wie immer üppigen Rezensionsteil. Dort stellt Haik Thomas Porada (Leipzig) eine gediegene Studie über „Stettin im Luftkrieg 1939–1945“ vor. An dieser Arbeit lasse sich die Ausgrenzung ostdeutscher Themen aus dem Betrieb etablierter Zeitgeschichte deutlich aufzeigen. Spätestens nach 1990 habe es „keine Ausrede mehr“ gegeben, warum sich die akademische Forschung nicht mit dem Luftkrieg gegen ostdeutsche Städte oder anderen Verheerungen wie etwa der „Brandschatzung von Innenstädten“ Pommerns durch die Rote Armee hätten widmen können. Seit zwanzig Jahren stehen dafür „letzte Zeitzeugen“ zur Verfügung. Ihre Erlebnisse wurden „nie systematisch dokumentiert“. Diese von der beamteten Historikerschaft „mißachteten“ und als „unbequem“ umschifften Themenfelder müßten daher fernab wohldotierter Lehrstühle erforscht und, wie die „mustergültige“ Untersuchung zu Stettin im Luftkrieg, fast im Verborgenen publiziert werden. www.pommerngeschichte.de

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