© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/11 15. April 2011

„Wir müssen endlich gegensteuern“
Im Gespräch mit der Nachwuchshoffnung des Vlaams Belang: Barbara Bonte über die Islamisierung Antwerpens und den Spaß an rechter Politik
Hinrich Rohbohm

Die Kameras sollten eigentlich auf das Podium gerichtet sein. Doch sie schwenken um. In die erste Reihe des Plenums. Dort sitzt Barbara Bonte, Vorsitzende der Vlaams-Belang-Jugend von Antwerpen. Die 27jährige ist eine der Nachwuchshoffnungen in der flämischen Unabhängigkeitsbewegung.

„Ich hatte schon sehr früh begonnen, mich für Politik zu interessieren“, sagt sie. Bereits in der Schule hatte sie zu den wenigen in ihrer Klasse gehört, die eine rechte politische Meinung vertraten. „Gemeinsam mit zwei  Freundinnen vertraten wir bei politischen Debatten rechte Positionen“, erinnert sie sich. Von Opportunismus und rein taktisch bedingten Aussagen hält sie wenig. „Man darf keine Angst davor haben, seine Meinung offen zu sagen. Mir war immer wichtig, das zu sagen, was man denkt.“

Als im Jahr 2004 dem Vlaams Blok per Gerichtsentscheid Rassismus attestiert wurde, habe sie dies wie viele andere in Flandern als zutiefst unfairen Umgang in der politischen Auseinandersetzung empfunden. „Viele sind damals aus Protest gegen das Urteil der Nachfolgeorganisation Vlaams Belang beigetreten. Auch Barbara Bonte kam damals mit der neuen Unabhängigkeitspartei in Kontakt.

„Aber ich war zunächst noch nicht sonderlich aktiv“, verrät die Liebhaberin italienischer Küche, die man damals auch schon mal als Teilnehmerin von Kartbahnrennen erleben konnte. Barbara Bonte wollte sich zunächst auf ihr Studium konzentrieren. Allerdings tritt sie zu dieser Zeit bereits einem rechtskonservativen Studentenklub bei. 2006 erlangt sie ihren Master of Commercial Sciences an der Universität Brüssel, um danach ihre berufliche Laufbahn bei der Consultingfirma Deloitte & Touche zu starten. Es ist Filip Dewinter, der sie nur sechs Monate später fragt, ob sie nicht Interesse an einer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin im flandrischen Parlament hätte. „Er suchte damals einen Wirtschaftsreferenten“, erklärt Bonte, wie es zu ihrem aktiven Einstieg in die Politik gekommen war.

„Im Vergleich zu Deutschland sind die Linken in Flandern nicht so extrem“, sagt die Frau, die in ihrer Freizeit gerne Krimis liest. Zwar sei auch sie schon mal mit Eiern beworfen worden. Doch Gewalt und Aggressivität linker Gruppen seien bei weitem nicht so extrem wie in Deutschland.

Ausnahmen gibt es. Bei einer Großveranstaltung ihres Studentenklubs in Leuven wurde sie mit linken Gegendemonstranten konfrontiert. Der Bus, mit dem Barbara Bonte und andere Klubmitglieder angereist waren, wurde angegriffen, die Scheiben des Fahrzeugs gingen zu Bruch. „Ein Stein war direkt neben meinem Kopf in den Bus geflogen“, erzählt sie. Nie habe sie so große Angst gehabt wie damals, erzählt sie.

Die Arbeit als Vorsitzende der Vlaams-Belang-Jugend in Antwerpen gefällt ihr. „Aber es ist schwierig, junge Leute für die politische Arbeit zu begeistern. Ich glaube, das hat etwas mit unserer Facebook-Generation zu tun. Junge Leute sitzen eher vor ihrem Computer, als daß sie reale Veranstaltungen besuchen.“

Inhaltlich sieht auch Bonte die zunehmende Islamisierung als das größte Problem Antwerpens an. „Ich selbst lebe in einer jüdisch geprägten Gegend, da ist es recht friedlich. Doch in Brüssel sehe das anders aus. In dem Stadtteil Sint-Joost-ten-Node seien mittlerweile 96 Prozent der Bewohner Ausländer, von denen die meisten muslimisch sind, die Gewalt nehme massiv zu. Und aufgrund der demographischen Entwicklung werde es schwer, die Lage zu ändern. Ihre Forderung: Die Grenzen müßten wieder geschlossen werden. Einwanderer müßten sich zudem entweder integrieren oder gehen. Daß ein Einwanderer „1.000 Euro im Monat“ vom Staat erhalte, sei nicht haltbar.

„Wenn wir nicht gegensteuern, wird in gut 50 Jahren die Mehrheit der Bevölkerung muslimisch sein.“ Sie denkt dabei auch an ihre eigene Zukunft. Die noch unverheiratete Frau möchte später Kinder bekommen, eine Familie gründen. Damit diese Familie später noch in einem Land lebt, in dem die Demokratie statt der Scharia herrscht, dafür kämpft Barbara Bonte. Und es erklärt ihr Engagement im Vlaams Belang, wo sie inzwischen fast jeder zu kennen scheint. Immer wieder bleibt sie stehen, wird angesprochen, sagt hallo, schüttelt Hände. Ob man sie später auch einmal im Parlament wiedersehen wird? Bonte bleibt ihren Prinzipien treu und sagt, was sie denkt: „Ja.“

 

Anti-Zuwanderungskongreß des Vlaams Belang

Das Auditorium ist mit über 1.000 Besuchern brechend voll. Immer mehr Teilnehmer des Anti-Zuwanderungskongresses strömen in den Saal. Mit ihrem am vergangenen Sonntag in Antwerpen abgehaltenen Kongreß wollte die flämische Unabhängigkeitspartei Vlaams Belang ein Zeichen gegen zunehmende Einwanderung setzen. Zahlreiche Rechtsparteien Europas waren erschienen, darunter neben den Schwedendemokraten, der Lega Nord aus Italien, der Dänischen Volkspartei, der FPÖ und der Schweizer SVP auch die deutsche Pro-Bewegung und die Republikaner. Aus den USA war Taylor Rose von der der Tea-Party-Bewegung angehörenden „Youth for Western Civilisation“ gekommen.

Während in Deutschland ein solcher  Kongreß nur  unter massiven Störungen durch linksextreme Demonstranten denkbar wäre, ist davon vor dem Veranstaltungszentrum „Zuiderkroon“ im Süden Antwerpens nichts zu sehen. Als Filip Dewinter den Saal betritt, brandet sofort Beifall auf. Der Vlaams-Belang-Fraktionsvorsitzende im flämischen Parlament spricht von umgekehrter Integration. Davon, daß sich in Europa inzwischen Einheimische in den Islam integrieren statt umgekehrt. „Pay first and enjoy later“ gibt er als Parole an die Adresse der Zuwanderer aus und kritisiert die passive Haltung Deutschlands zur Islamisierung. „Islamisierung und Einwanderung gehen Hand in Hand“, betonte Kent Ekeroth von den Schwedendemokraten, der an seine Zuhörer appellierte: „Laßt uns unser Europa zurückholen.“ „Unsere nukleare Katastrophe ist die Demographie“, meinte hingegen Fiorello Provera von der Lega Nord, der wie Vlaams-Belang-Parteichef Bruno Valkeniers vor den hohen Geburtenzahlen muslimischer Zuwanderer warnte. Europa sei mit voller Fahrt auf dem falschen Dampfer, kritisierte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky:  „Ich habe geglaubt, nicht mehr in Antwerpen zu sein, sondern in Klein-Marrakesch“, berichtete er von einem Stadtrundgang. www.vlaamsbelang.org

Fotos: Barbara Bonte: Ob vor blühendem Kirschbaum oder inmitten der Vlaams-Belang-Jugend auf dem Anti-Zuwanderungskongreß am Sonntag in Antwerpen –  die junge Politikerin steht oft im Mittelpunkt; Vlaams-Belang-Chef Bruno Valkeniers (l.) und Filip Dewinter: Umjubeltes Kongreßende

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