© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/11 08. April 2011

Sehen und gesehen werden
Mobiltelefone: Der US-Sender CNN berichtet, daß Google eine Technik zur Gesichtserkennung entwickelt hat
Richard Stoltz

Nicht alles, was „Google“ heißt, muß gleich schlecht sein oder unter den Generalverdacht gestellt werden, es diene krimineller Datenspeicherung zum Zwecke kommerzieller Nutzung. Wo kämen wir denn hin, wenn so etwas allgemeiner Brauch würde!

Jetzt hat die Firma Google eine Technik entwickelt, mit der bei Handygesprächen automatisch das Gesicht des Anrufers auf dem Display erscheint oder zumindest „identifiziert“ werden kann. Und gleich, wie von Geisterhand in Bewegung gesetzt, schrillen die medialen Alarmglocken, als solle die Welt untergehen. Der Fernsehsender CNN etwa kann sich gar nicht mehr beruhigen, unkt permanent darüber, daß nun „persönliche Daten“ wie E-Mail-Adressen oder Telefonnummern dauerhaft mit Gesichtern „verknüpft“ würden und dadurch ein weiterer Schritt zur Einschränkung unserer aller Freiheit eingeleitet würde.

Google blieb nichts weiter übrig, als den CNN-Bericht energisch zu dementieren. Zwar sei tatsächlich eine entsprechende Technologie entwickelt worden, doch es habe weder einschlägige „öffentliche Versuche an Google-Kunden“ gegeben, noch seien solche beabsichtigt. Entsprechende Geräte würden nicht entwickelt. Die ganze Aufregung sei mutwillig vom Zaune gebrochen worden.

Der Fall ist wirklich kurios. Lange war es ja ausgesprochener Sehnsuchtstraum aller Telefonierer, man möchte doch auch das Gesicht des Anrufers sehen, das könne die Kommunikation nur beleben und ihr einen speziellen menschlichen Zug geben, wie er im direkten Gespräch von Angesicht zu Angesicht selbstverständlich und hochwillkommen sei. Warum soll man das Gesicht denn jetzt plötzlich aus dem elektronischen Gespräch mit aller Gewalt  heraushalten?

Übrigens ist das menschliche Gesicht keineswegs eine präzise, kommerziell ohne weiteres verwertbare Auskunftei, wie jeder Physiologe weiß. Man kann es bewußt „verhängen“, kann sich in vielfältigster Weise maskieren. Telefonnummern oder E-Mail-Adressen sind in jedem Fall verläßlicher, vom elektronischen Fingerabdruck ganz zu schweigen. Kein Datenschützer muß sich extra Sorgen machen.

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