© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/11 01. April 2011

Die Moslems als Juden von heute
Islam: Der Antisemitismusforscher Wolfgang Benz warnt vor Islamfeindlichkeit und zieht historische Parallelen
Henning Hoffgaard

In Deutschland geht eine neue Krankheit um. Wenn es nach den Islamverbänden in Deutschland geht, zeigt bereits die Hälfte der Bevölkerung Symptome. Auch Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), die Schriftstellerin Necla Kelek und natürlich Thilo Sarrazin sind betroffen. Die Rede ist von der „Islamfeindlichkeit“, oder was man gerade dafür hält. Das Thema brennt den muslimischen Gemeinden nach dem unerwarteten Erfolg von „Deutschland schafft sich ab“ um so stärker unter den Nägeln. Unter großem Aufwand hat deswegen die „Initiative Berliner Muslime“ eine prominent besetzte Veranstaltung zum „Feindbild Islam“ auf die Beine gestellt. Anlaß war die Berliner „Islamwoche“ unter der Schirmherrschaft des Integrationsbeauftragten des Berliner Senats, Günter Piening.

Über die Art und den Zweck der Veranstaltung kann kein Zweifel bestehen. Schon in der Eingangshalle der „Werkstatt der Kulturen“ wird der unwissende Besucher von zahlreichen Plakaten empfangen, die ihn über die beispiellose Toleranz des Islam gegenüber anderen Religionen und seine vorbildlichen Frauen- und Menschenrechte aufklären. Derartigen Nachhilfeunterricht haben die meisten Anwesenden nicht nötig. Gut gekleidete junge Islamfunktionäre laufen schwer beschäftigt durch die Halle. Die zahlreich erschienenen Frauen tragen fast alle ein Kopftuch.

Allen gemein ist die Vorfreude auf den „Stargast“ des Abends. Wolfgang Benz, scheidender Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin, hat sich angekündigt, um zum Thema „Feindbild Islam –- Mythos oder Realität?“ zu sprechen. Daß die Frageform bestenfalls rhetorischer Natur ist, läßt der Referent gleich zu Beginn durchblicken. „Natürlich gibt es eine Islamfeindlichkeit“, betont der 69jährige. Seine Hauptthese ist einfach: Der Antisemitismus von früher ist die Islamfeindlichkeit von heute. Träger dieses Menschenhasses sei der „verängstigte“ Klein- und neuerdings auch Bildungsbürger. Wo er einst die Juden für alle gesellschaftlichen Probleme verantwortlich machte, kann er jetzt die Muslime zu Sündenböcken erklären.

Ein Dorn im Auge sind Benz besonders die „sogenannten Islamexperten“, die in Talkshows unter Berufung auf ihr Judentum ohne jedes Koran- und Islamwissen Intoleranz predigten. Gemeint ist ganz offensichtlich Henryk M. Broder. Der Publizist hatte Benz wegen seines Antisemitismusvergleiches in den vergangenen Monaten heftig angegriffen. Aber auch andere bekommen ihr Fett weg. Dem Orientalisten Hans-Peter Raddatz wirft Benz vor, „Koranhetze“ zu betreiben, und der Buchautor Udo Ulfkotte argumentiere ganz in der Tradition der Antisemiten des 19. Jahrhunderts. Keine Frage, der Professor aus Berlin meint es ernst. Im Brustton der Überzeugung reiht er Argument an Argument. Xenophobie, Rassismus und Intoleranz. Es gäbe zahlreiche „strukturelle Gemeinsamkeiten“ von „Islamkritik“ und Antisemitismus. Das Publikum nimmt diese Thesen dankbar auf. Denkt man sie zu Ende, wird deutlich, worum es geht: Der Moslem ist der Jude von heute und schuld ist die vergiftete öffentliche Meinung.

Die folgende Podiumsdiskussion zum Thema „Handlungsstrategien gegen Islamfeindlichkeit“ ist schnell zusammengefaßt. Die Zivilgesellschaft müsse enger zusammenrücken. Mustafa Yoldas, Vorsitzender des Rates der islamischen Gemeinschaften in Hamburg, rät Innenminister Friedrich gar zum Besuch eines Psychiaters. Es sei verrückt, wie der Verfassungsschutz die Gefahr durch Islamisten übertreibe.

Am Ende darf dann noch der deutschlandweit tätige Prediger Abdul Azim Kamouss seine „Gedanken des Tages“ zum besten geben: „Die größte Sünde“, sagt er, sei es, „wenn man Allah Götter an die Seite stellt“. Nach Toleranz und Ökumene klingt das nicht unbedingt. Zum Glück ist Wolfgang Benz da schon gegangen.

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