© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/11 01. April 2011

Der letzte Sieg des Patriarchen
Rheinland-Pfalz: Auch wenn Kurt Beck mit Hilfe der Grünen seine Macht sichern kann, neigt sich seine Zeit als Ministerpräsident dem Ende entgegen
Hans Christians

Er hat sich noch einmal über die Ziellinie gerettet. Doch auch dem eingefleischtesten Anhänger des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck dürfte klargeworden sein, daß sich die Karriere des Landesvaters dem Ende zuneigt.

Als am Sonntag die Prognose der Landtagswahl über die Bildschirme flimmerte, da machte sich in den Reihen der SPD eine Vorahnung breit: Es könnte der letzte Wahlsieg gewesen sein. Mit 35,7 Prozent schafften es die Sozialdemokraten gerade noch, ihre Stellung als stärkste Partei zu behaupten. Doch die CDU mit Herausforderin Julia Klöckner folgte mit geringem Abstand. Daß die Grünen mit rund 15 Prozent drittstärkste Kraft wurden und die FDP mit 4,2 Prozent aus dem Landtag flogen, hatte sich in den Wochen zuvor abgezeichnet. Daß die SPD aber mehr als zehn Prozent einbüßen muß, hatte kaum einer für möglich gehalten.

An Mosel und Rhein läuft nun alles auf eine rot-grüne Koalition hinaus. Beck, der vor Jahren mit der FDP recht harmonisch zusammen regierte, hatte aber auch andere Konstellationen nicht ausgeschlossen. Eine Große Koalition wäre aber der eigenen Basis kaum vermittelbar, zumal sich auch innerhalb der Union die Begeisterung in engen Grenzen hält. Klöckner hat ihre Partei aus dem historischen Tief herausgeholt. Es war ohnehin erst für die Landtagswahl 2016 vorgesehen, daß die CDU einen ernsthaften Anlauf für den Sprung in die Staatskanzlei nimmt, zumal der Gegenkandidat dann nicht mehr Kurt Beck heißen wird. Es wird spekuliert, daß der 62jährige bereits in zwei Jahren sein Amt abgeben könnte. So wie Beck das Land regiert, so führt er auch den eigenen Verband. Er ist ein Mann der leisen Töne, dabei verbindlich und patriarchalisch. Einen offenen Aufstand wird es ebensowenig geben, wie einen Kandidaten, der sich selbst ins Rennen bringt. Seinen Nachfolger wird sich „König Kurt“ selbst aussuchen – aller Voraussicht nach wird es Staatssekretär Roger Lewentz sein. Der 48jährige führt derzeit den Parteirat und gilt als glänzender Strippenzieher. Es gilt als sicher, daß er ins neue Kabinett wechseln wird.

Denn eine Blutauffrischung ist dringend nötig. Abseits vom Lokalpatriotismus hat sich die zuletzt alleine regierende SPD in Rheinland-Pfalz nicht wirklich mit Ruhm bekleckert. Selbst die taz kam nicht umhin, die Regentschaft von „König Kurt“ als Besuch „im Land der Skandale“ zu beschreiben. Noch immer beschäftigt sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß mit der abenteuerlichen Finanzierung des Motorsportparks „Nürburgring“. Die Formel-1-Anlage wurde für Hunderte Millionen Euro ausgebaut, um die strukturschwache Region zu stärken. Doch das Projekt war überdimensioniert, die Besucherzahlen dümpeln dahin. Beck spricht inzwischen selber von einem „schweren Fehler“. Auch der finanzielle Einsatz der Landesregierung beim Stadionbau in Kaiserslautern liegt vielen noch im Magen. Und das waren nicht die einzigen Fehltritte der Landesregierung. So ließ der Ministerpräsident eine Immobilie in seinem Heimatort Bad Bergzabern mit Millionen aus der Staatskasse zu einem „Schloßhotel“ umbauen. Dabei trat ein SPD-Mitglied als Investor auf, es sollen satte Provisionen geflossen sein.

Daß die CDU von diesen Patzern nicht deutlicher profitieren konnte, liegt an ihren eigenen Fehlern. Klöckners Vorgänger Christoph Böhr und einige seiner Mitstreiter hatten ein eigenwilliges Verständnis vom Umgang mit Geldern aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Auch bei diesem Thema ist ein Untersuchungsausschuß tätig. Immerhin: Die CDU hat den Neuanfang schon vollzogen. Bei der SPD steht dieser noch aus. Zudem stellt sich die Frage, ob Kurt Beck Lust verspürt, mit den Grünen zu regieren, die vor lauter Kraft kaum noch laufen können.

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