© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/11 01. April 2011

EU beschließt permanenten Rettungsschirm für den Euro
Deutschland wird ruiniert
Wilhelm Hankel

Unter den 622 Bundestagsabgeordneten fanden sich vorige Woche nur drei, die ihren Protest gegen den beschlossenen „Rettungsschirm“ für den Euro öffentlich zu Protokoll gaben: Peter Gauweiler (CSU), Klaus-Peter Willsch (CDU) und Frank Schäffler (FDP). Der Liberale zeigte seiner Partei dabei erneut, wie sie ihren drohenden Untergang in letzter Minute abwenden könnte – mit konsequentem Eintreten für den Schutz des Bürgers vor politischer Entrechtung und finanzieller Ausplünderung durch ein Europa, das seine selbst herbeigeführte Krise mit Deutschlands Wirtschaftsleistung „erklärt“ und (unter dem Zuspruch linker wie grüner Experten) hohe Geldbußen für dieses Vergehen für begründet und angemessen hält.

Fehlt Deutschlands Spitzenpolitikern jeglicher Sachverstand für ihr Amt und ihre Verantwortung? Oder der Mut, die Interessen ihres Landes vor Freunden und Nachbarn zu vertreten, wenn diese sie verletzen? Oder fürchten sie bloß den Verlust von Position, Pfründen und Rente, wenn sie aus dem Zug der Europa-Lemminge ausscheren, um nicht mit diesen in den Abgrund zu marschieren? Der Rettungsschirm rettet weder den Euro noch die Bankrott-Staaten vor den Folgen ihrer Mißwirtschaft. Der Euro erlaubte es ihnen, über die Verhältnisse zu leben und das Wirtschaftspotential inflatorisch zu überziehen. Mit den Milliarden des Europäischen Stabilitätsfonds (ESM) werden nicht die Fast-Pleitestaaten entschuldet, sondern deren Geldgeber: Banken, Fonds und Versicherungen. Nicht Arbeitsplätze werden gerettet, sondern Dividenden und Boni der Finanzmanager. Die Bilanzen der Finanzwirtschaft werden im Einvernehmen mit der Europäischen Zentralbank (EZB) geschönt, die jetzt hoffen kann, die von ihr angekauften Schrottanleihen an den ESM loszuwerden. Der Finanzminister bekundet, daß ihm nicht die Stabilität der Staatsfinanzen am Herzen liegt, sondern „Europa“. Für wie dumm hält er die Bürger, wenn er ihnen vorrechnet, er könne zwei Drittel des Jahresaufkommens an Bundessteuern für den ESM reservieren und trotzdem die ihm vom Grundgesetz auferlegten Sparpläne verwirklichen?

Wolfgang Schäubles „kreative Buchführung“, die Einzahlungen an den ESM als „Bundesvermögen“ auszuweisen, hilft nicht weiter. Die horrenden Zins- und Tilgungslasten der steigenden Staatsverschuldung machen jeden Spielraum für Gemeinde-, Bildungs-, Gesundheits- und Sozialreformen zunichte. Eines läßt sich jetzt nicht mehr gebetsmühlenhaft behaupten: Deutschland profitiere vom Euro. Jetzt sieht jeder, daß und wie er Deutschland ruiniert: wie ein Ertrinkender, der den Retter mit in die Tiefe reißt.

 

Prof. Dr. Wilhelm Hankel war Leiter der Währungsabteilung im Wirtschaftsministerium und Chef der Bank- und Versicherungsaufsicht

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