© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/11 25. März 2011

Alles eine Frage des Preises
Sachsen-Anhalt: Nach der Landtagswahl sieht sich die SPD in Magdeburg von CDU und Linkspartei als Koalitionspartner umworben
Christian Dorn

Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Deutlich wurde dies am vergangenen Sonntagabend im Berliner Konrad-Adenauer-Haus. Dort gab es Kartoffelsalat und Halberstädter Würstchen. Deren erster Hersteller, Fabrikant Heine, hatte einst die Weltneuheit der Fleischkonservierung in Dosen erfunden. Als eine Art Konservierung, sprich Bestätigung der bisherigen Regierungsarbeit in Sachsen-Anhalt deutete auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe das Ergebnis der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, als er vor die Presse trat. Das Bundesland habe die „rote Laterne“ abgegeben, lautet eines von Gröhes selbstgebastelten Argumenten. Da die CDU auch diesmal stärkste Partei geworden sei, zeige sich, daß die Wähler sich „die Fortsetzung des überaus erfolgreichen Ergebnisses“ wünschten. Tatsächlich bedeutete letzteres für die CDU einen Stimmenverlust von fast vier Prozent. Zwar liegt sie immer noch deutlich vor der Linkspartei, doch eine selbstverständliche Fortsetzung der Großen Koalition muß dies nicht bedeuten.

Wenig überraschend wertete Gröhe es als gutes Signal, „daß die braunen Hetzer draußen geblieben sind“. Gemeint war die NPD, die trotz eines relativ hohen Werbebudgets von einer Viertelmillion Euro und stabilen Prognosen um fünf Prozent (JF 12/11) den Einzug in den Landtags knapp verfehlte. Der „Rechtsextremismusforscher“ Roland Roth sah den Grund für das Scheitern der NPD in den „Negativschlagzeilen“ unmittelbar vor der Wahl, in denen Spitzenkandidat Matthias Heyder strafrechtliche Online-Äußerungen, unter anderem eine Anleitung zum Bombenbau, unterstellt wurden. Heyder beteuert indes seine Unschuld und spricht von einer Rufmordaktion, die auf den früheren Betreiber des internen Internet-Forums „Freie Freunde“ zurückzuführen sei, der – selbst langjähriges Mitglied der Linkspartei – als „trojanisches Pferd“ gewirkt habe, sagte Heyder der JUNGEN FREIHEIT.

Ein anderer Grund für das Scheitern der NPD dürfte die überraschend gestiegene Wahlbeteiligung sein, von der vor allem die Grünen profitieren konnten. Im Gegensatz zur FDP, die nicht mehr im Landtag vertreten ist, verdoppelten die Grünen ihren Stimmenanteil auf 7,5 Prozent, womit sie erstmals seit 13 Jahren wieder in den Magdeburger Landtag eingezogen sind. Während die CDU nun schnellstens mit der SPD Gespräche aufnehmen will, um die bisherige Koalition fortzusetzen, zögert der Drittplazierte. Zwar hatte SPD-Spitzenkandidat Jens Bullerjahn am Wahlabend noch einmal bekräftigt: „Es wird keinen Ministerpräsidenten von der Linkspartei geben“ – doch einen, der von der Linkspartei gewählt wird, womöglich doch. Daraufhin deutet etwa die Äußerung von SPD-Chef Sigmar Gabriel an die Adresse der CDU, die SPD sei „nicht zum Nulltarif“ zu haben. Doch dies sind nicht die einzigen, die Bullerjahn in eine rot-rote oder  rot-rot-grüne Regierungskoalition drängen. So erklärte die stellvertretende Landesvorsitzende der Linkspartei Birke Bull, daß nunmehr die SPD an der Reihe wäre, auf die Linkspartei mit ihrem Spitzenkandidaten Wulf Gallert zuzukommen. Auch der Berliner Wahlkampfmanager der Linkspartei, André Brie, hofft auf Rot-Rot. Im Zweifelsfall müsse man, „wenn die Inhalte stimmen“, auf das Ministerpräsidentenamt verzichten.  Der „Inhalt“ dürfte wohl zu übersetzen sein mit der Zahl der an die Linkspartei zu vergebenden Ministerien.

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