© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/11 18. März 2011

Was der Konservative lesen muß
Erik Lehnert und Karlheinz Weißmann präsentieren eine Auswahl von 164 „Schlüsselwerken“
Jost Bauch

Erik Lehnert und Karlheinz Weißmann haben ein dreibändiges Staatspolitisches Handbuch in Angriff genommen, wobei sich Band 1 dieser Trilogie mit den „Leitbegriffen“, Band 2 mit den „Schlüsselwerken“ und Band 3 mit den „Vordenkern“ befaßt (Band 3 soll im Dezember vorliegen). Zur Besprechung steht hier der zweite Band über die Schlüsselwerke an.

Schlüsselwerke sind die wichtigsten Bücher eines Fachgebietes, wobei es in diesem Fall nicht nur um ein spezielles Fachgebiet (Staatspolitik, Staatsphilosophie, Sozialphilosophie) geht, es geht um eine speziell konservative Betrachtung jenes Themas. Wie die Herausgeber in ihrem kurzen Vorwort schreiben, geht es bei den Schlüsselwerken um „das geistige Rüstzeug, mit dem der Konservative im alltäglichen Kampf der Weltanschauungen bestehen kann“. Drei Erwartungen werden nach Auskunft der Herausgeber mit den Schlüsselwerken als eine Art Lexikon der konservativen Bücher ausdrücklich nicht erfüllt: Sie haben keinen allgemeinbildenden Anspruch, sie sind kein Werklexikon der Politikwissenschaften, und sie sind kein kommentiertes Schriftenverzeichnis der konservativen Revolution. Die Schlüsselwerke weisen über diese Perspektiven hinaus. „Die Schlüsselwerke haben jedoch einen anderen Anspruch: Der Band will, ganz im Sinne Nietzsches, dem Leben dienen.“

Der Schwerpunkt des Werklexikons liegt in der Neuzeit, die Antike ist nur randständig berücksichtigt. Die vertretenen Werke sollen unserer Gegenwart etwas zu sagen haben, sie sollen ein staatspolitisches Verständnis erschließen und dem Leser die Möglichkeit geben, sich anzuschließen. Insgesamt wurden 164 Werke von 133 Autoren zusammengestellt. Die Heterogenität der Werke ließ keine einheitliche Besprechungsweise zu, lediglich drei Kriterien für die Besprechung wurden zugrunde gelegt: „Der Text orientiert über den Entstehungskontext des Werkes, beschreibt die wichtigsten Gedankengänge und dessen Aufbau und gibt Hinweise auf die Rezeption des Werkes.“

Für die Abfassung der Besprechungstexte haben Lehnert und Weißmann namhafte Autoren gefunden, die mit den von ihnen besprochenen Werken in besonderer Weise vertraut sind, so Alain de Benoist, Thorsten Hinz, Felix Krautkrämer, Götz Kubitschek, Harald Seubert, Michael Wiesberg, Stefan Scheil oder Baal Müller. Entsprechend werden die Werke auf hohem Niveau besprochen beziehungsweise vorgestellt, es gelingt, einen konzisen Überblick über das besprochene Werk zu vermitteln. Leider sind die Besprechungen zu kurz, um mehr als Basisinformationen bereitzustellen. An einigen Stellen wünschte man sich längere Ausführungen, die gleichsam „in der Luft liegen“, aber durch den notwendigerweise beschränkenden Zuschnitt des Werklexikons nicht möglich sind.

Gleichwohl machen die Besprechungstexte, ein Hinweis auf ihre Qualität, Appetit, die Originaltexte zur Hand zu nehmen und dort weiterzulesen. Der wunde Punkt einer jeden lexikalischen Zusammenstellung ist natürlich die Auswahl. Obwohl es den Herausgebern cum grano salis gelungen ist, das Fachgebiet umfassend abzubilden, kann eine hundertprozentige Repräsentanz über ein Werklexikon nicht gelingen. So muß man sich im Einzelfall fragen, warum bei Helmut Schelsky das Werk „Die Arbeit tun die anderen“ vertreten ist, das aber mindestens genauso wichtige Werk „Der selbständige und der betreute Mensch“ nicht besprochen ist. Genauso fehlt bei Gehlen die „Anthropologische Forschung“, bei Sieferle „Die konservative Revolution“. Hoffen wir auf die zweite Auflage.

In diesem Kontext wäre auch die Frage zu diskutieren, ob in diesem Werklexikon nur Werke von ausgewiesenen „bekennenden“ konservativen Autoren besprochen werden sollen oder ob auch Werke Berücksichtigung finden, die (ohne daß der Autor sich explizit als konservativer Autor einstuft) für das konservative Denken unabhängig von der politischen Präferenz des Autors von Relevanz sind. Dann würde sich ohne Zweifel der Fundus des Werklexikons erheblich erhöhen. Man hat den Eindruck, daß von den Herausgebern in dieser Frage etwas „laviert“ wird, immerhin werden auch Werke von Kant, Jaspers, Lessing oder Hegel besprochen, die nicht durchgängig dem konservativen Lager zugesprochen werden.

Unabhängig von diesen Fragen, die immer anstehen, wenn man ein lexikalisches Werk zusammenstellt, bieten die „Schlüsselwerke“ eine profunde Zusammenstellung von staatspolitischen Schriften, die für alle politisch Unabhängigen von Wert sind. Für Konservative sind sie ein sehr nützlicher Leitfaden.

Erik Lehnert, Karlheinz Weißmann (Hrsg.): Schlüsselwerke. Staatspolitisches Handbuch, Band 2. Edition Antaios, Schnellroda 2011, gebunden, 250 Seiten, 15 Euro

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