© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/11 18. März 2011

Frisch gepresst

Carl Schmitt. „Die Entstehung der Republik“ (1928) war ein Ausflug des KPD-Politikers und Althistorikers Arthur Rosenberg in die Zeit-, in die Vorgeschichte der Weimarer Demokratie. Historiker seiner Berliner Fakultät lehnten dieses Werk, das die deutsche Verfassungsgeschichte nach 1871 als „Krankheitsgeschichte“ deutet, als „Geschichtsklitterung“ ab. Einer von ihnen, Fritz Hartung, besprach Carl Schmitts Broschüre „Staatsgefüge und Zusammenbruch des zweiten Reiches“ (1934) ähnlich vernichtend. Aus Hartungs konservativem Blickwinkel berührten sich hier die Extreme: Der Kommunist Rosenberg und der Nationalsozialist Schmitt geeint in der Verdammung der jüngsten Vergangenheit als deutsche Verfallsepoche. Verantwortlich sind bei Rosenberg die „herrschenden Klassen“, bei CS „der Liberalismus“, der dem preußischen Militärstaat zwischen 1862 und 1914 das Rückgrat brach. Weil „Der Sieg des Bürgers über den Soldaten“ den Militäretat drückte, trat das Kaiserreich unzureichend gerüstet in den Ersten Weltkrieg ein. Die mit gewohnt ausladender Kommentierung versehene Edition Günter Maschkes macht Schmitts steile Thesen wieder zugänglich. (wm)

Günter Maschke (Hrsg.): Carl Schmitt. Staatsgefüge und Zusammenbruch des zweiten Reiches. Duncker&Humblot, Berlin 2011, broschiert, 117 Seiten, 38 Euro

 

Warschau und Minsk. Wenn Stephan Lehnstaedt, tätig am Deutschen Historischen Institut (DHI) in Warschau, mit unermüdlichem Fleiß die Akten auspreßt, um den deutschen Besatzeralltag in Warschau und im weißrussischen Minsk während des Zweiten Weltkriegs zu rekonstruieren, so versteht er diese auch die Niederungen des Bordellbetriebs nicht scheuende Materialschlacht nicht als positivistischen Selbstzweck. Er möchte damit vielmehr seine quer zur konventionellen „Täterforschung“ stehende These untermauern, derzufolge nicht Herkunft, Sozialisation oder Zugehörigkeit zu einer „Generation der Unbedingten“ die Verwandlung „ganz normaler Männer“ in „Gewalttäter“ erkläre, sondern dies allein aus ihrer „Formung“ im Besatzeralltag resultiere. (ob)

Stephan Lehnstaedt: Okkupation im Osten. Besatzeralltag in Warschau und Minsk 1939–1944. R. Oldenbourg, München 2011, gebunden, 381 Seiten, Abbildungen, 54,80 Euro

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