© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/11 18. März 2011

Deutsch-polnisches Ausreiseabkommen / Helmut Kohls ostpolitische Wende
Krimsekt bei Entspannungsorgien
(ob)

Im Dezember 1970 schloß die sozialliberale Koalition den „Warschauer Vertrag“ mit der Volksrepublik Polen und erkannte die Oder-Neiße-Linie und damit praktisch die Annexion Ostdeutschlands völkerrechtlich an. Zugeständnisse vor allem bezüglich der Ausreise der 1945 in den Ostprovinzen verbliebenen Deutschen erreichte man keine. Folge dieser „miserablen Regierungspolitik“ (Rainer Barzel) war, daß man sich bei neuerlichen Ausreise-Verhandlungen polnischen Erpressungen aussetzte. Um ihre Forderung „Geld gegen Menschen“ zu bekräftigen, ordneten die Warschauer Kommunisten sogar Schikanen gegen Ausreisewillige an. In der deutsch-polnischen Vereinbarung vom Oktober 1975 erhielt Polen dann den begehrten Milliardenkredit und gewährte die „Umsiedlung“ von 125.000 Ostdeutschen. Die Union hätte diesen Vertrag mit ihrer Bundesratsmehrheit zu Fall bringen können. Franz Josef Strauß plädierte vehement dafür, solche mit „Krimsekt gefeierten Entspannungsorgien“ zu beenden. Wie Tim Szatkowski aus dem Nachlaß des Unions-Fraktionschefs Karl Carstens belegt (Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 1/2011), gelang es dem CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl aber mit taktischem Geschick, seine erste „Wende“ zu vollziehen, Strauß und die Fraktionsmehrheit zu übertölpeln und der SPD/FDP-Regierung eine Mehrheit in der Länderkammer zu sichern.  www.ifz-muenchen.de

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