© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/11 11. März 2011

Patriarch und Pressezar
Rupert Murdoch wird achtzig / Sein Medienkonzern erreicht bis zu vier Fünftel der Erdbevölkerung
Ronald Gläser

Es sollte der ganz große Einstieg ins Internetgeschäft werden: Als sein Unternehmen 2005 Myspace.com übernahm, war sich Firmenboß Rupert Murdoch sicher, ein lukratives Investment zu tätigen. Amazon, Google, Ebay – sie alle waren bereits dick im Internetgeschäft, nur Murdochs News Corporation nicht.

Das sollte sich ändern. Das Geschäft ging in die Binsen. Myspace entwickelte sich anders als geplant, und bald mußte Murdoch feststellen, daß die 580 Millionen Dollar Kaufpreis eine Fehlinvestition waren. Denn spätestens als der kometenhafte Aufstieg des Konkurrenten Facebook begann, wurde Myspace schlicht überrolllt, an den Rand der Bedeutungslosigkeit gedrängt.

580 Millionen weg. 500 Millionen hier, 500 Millionen da. Bei den Summen, mit denen der gebürtige Australier Murdoch jongliert, wird einem schwindlig. Im Geschäftsjahr 2008/09 hat sein Konzern sogar 5.650 Millionen Dollar, also 5,6 Milliarden (vier Milliarden Euro), Verlust erwirtschaftet – ohne in größere Schwierigkeiten geraten zu sein. Im  Geschäftsjahr 2009/10 konnten diese Verluste teilweise wettgemacht werden.  Das Unternehmen gilt als solide – und das, obwohl ständig irgendwelche Buschfeuer brennen.

Dabei hat alles einmal klein angefangen. Im Alter von 22 Jahren übernahm der 1931 in Melbourne geborene Murdoch den väterlichen Verlag, bestehend aus zwei Zeitungen und einem Radiosender. Stück für Stück baute er die News Corp aus: Er kaufte eine neuseeländische Zeitung, dann gründete er die erste landesweite Tageszeitung The Australian. Schließlich expandierte er nach England und Amerika. Mittlerweile hat Murdoch den Sitz seines Unternehmens nach New York verlegt und auch die US-Staatsbürgerschaft angenommen.

Murdoch ist ein Pressezar, wie er im Buche steht. Angeblich stehen ein bis zwei Prozent der weltweiten Medien unter dem Kommando des Multimilliardärs. Zur News Corp gehören Buchverlage, Radiosender, Magazine, Produktionsstudios wie 20th Century Fox, Sportvereine, Übertragungsrechte und Internetseiten. Das Kerngeschäft bilden jedoch Zeitungen und TV-Sender. Ihm gehören das Wall Street Journal und Fox News in den USA, die London Times, die Sun und der Sender BSkyB in Großbritannien. In Australien summieren sich seine Zeitungen auf fast 150.

Der Patriarch Murdoch, Vater von sechs Kindern, hält die Zügel fest in der Hand. Sein Credo: „Eine große Firma läßt sich nicht mit lauter Komitees und Vorständen führen, die ständig zustimmen müssen. Man muß seine Entscheidungen selbst treffen können.“ Er denkt auch nicht ans Aufhören, die Nachfolgefrage ist ungeklärt. Vor einigen Jahren hat er versprochen: „Ihr werdet mich hier heraustragen müssen.“

Viele politische Widersacher würden dies wohl lieber heute als morgen tun. Ein Konservativer, der soviel wirtschaftliche und publizistische Macht auf sich vereint, ist automatisch verhaßt. Verhaßt bei den Linken und bei seinen Konkurrenten. Für den CNN-Gründer Ted Turner zum Beispiel ist Murdoch eine „Schande für den Journalismus“. Der Hauptgrund für die Reflexe, die Murdoch auslöst, ist Fox News, sein TV-Sender in den USA. Schon die Existenz eines einzigen rechten Fernsehsenders, der sich nicht um die politische Korrektheit schert, sondern die Regierung Obama kritisiert und fair über die Tea Party berichtet, wird als Provokation empfunden. Und so ein Sender wird auch noch Marktführer! Für viele Linke ist Murdochs Senderimperium Teil einer neokonservativen Weltverschwörung. 

Das ist Legendenbildung. Murdoch ist Geschäftsmann und primär an Gewinnen interessiert. Seine Weltanschauung kommt erst hinterher: Als der Stern der britischen Konservativen in der Post-Thatcher-Ära gesunken war, gehörten Murdochs Zeitungen zu den größten Unterstützern von Tony Blair. Jetzt gilt er als Freund der Cameron-Regierung.

Der Unternehmer experimentiert gerne herum, nicht nur politisch. Auch im Alter von achtzig Jahren – am Freitag feiert er Geburtstag – probiert der Tycoon  gerne mal Neues aus. Momentan setzt er voll auf Apple. Sein jüngstes Projekt ist The Daily, eine Tageszeitung nur fürs I-Pad. The Daily wird mehrmals täglich aktualisiert. Die Redaktion ist groß und kostspielig. Die Zeitung kommt jedoch ohne Druckerpressen aus, ohne Kioske und ohne Zeitungsverkäufer. Das alles zum Sparpreis von nur  99 Cent pro Woche.

The Daily ist nicht das einzige Projekt, mit dem er sich befaßt. Seit einer Woche kursiert das Gerücht, News Corp werde Prosieben kaufen. Gegen einen Einstieg in Deutschland spricht, daß sich Murdoch nur im englischsprachigen Raum zu Hause fühlt. Und wenn er mal in Deutschland in etwas investiert hat, dann ist es schiefgegangen: Giga.de verlor die Masse seiner Leser. Axel Springer hat ihn schon mal abblitzen lassen. Und Sky (früher Premiere) ist ein permanentes Zuschußgeschäft.

Anders als in England ist Bezahlfernsehen in Deutschland immer noch chancenlos. Die öffentlich-rechtliche Konkurrenz ist zu stark, die Geiz-ist-geil-Mentalität der Kunden tut ihr übriges. Ganz anders in England: Dort hat sich BSkyB nach jahrelangen Anfangsverlusten inzwischen zu einem der größten Gewinnbringer des Murdoch-Imperiums gemausert: Eine Milliarde Pfund steuerte der Sender 2009 zum Betriebsergebnis bei. Jetzt ist es dem Konzernlenker gelungen, den Sender, an dem er bislang nur mit rund vierzig Prozent beteiligt war, ganz und gar zu vereinnahmen. Die britischen Behörden haben ihren Widerstand gegen die Übernahme aufgegeben. Eine schöne Geburtstagsüberraschung für Rupert Murdoch.

Foto: Das Imperium des Rupert Murdoch: News-Corp-Firmen versorgen Menschen auf fünf Erdteilen mit Nachrichten, nur Afrika ist ein weißer Fleck

Umsätze der größten Medienkonzerne:

1. News Corp, 22,8 Mrd. Euro

2. Time Warner, 19,0 Mrd. Euro

3. Bertelsmann, 15,3 Mrd. Euro

4. Viacom, 6,4 Mrd. Euro

5. Fininvest, 3,5 Mrd. Euro

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