© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/11 04. März 2011

Blick in die Medien
Journalisten lieben Kopieren/Einfügen
Ronald Gläser

Bei der Badischen Zeitung ist gerade eine Redakteurin dabei erwischt worden, die einen Artikel über Schwiegermütter passagenweise aus anderen Zeitungen zusammengeklaubt hat. Und das, nachdem die Zeitung sich über die Plagiatsaffäre zu Guttenbergs aufgeregt hat („Täuschung und Betrug“). Peinlich, peinlich.

Mit Ausnahme der Bild-Zeitung hatten sich fast alle Medien auf den inzwischen zurückgetretenen Minister eingeschossen. Weil dies seiner Popularität zunächst keinen Abbruch tat, konnten es viele Journalisten einfach nicht fassen und verschärften ihren Ton noch mal. Eine empörte Zeit-Journalistin beschwerte sich im ZDF-Morgenmagazin sinngemäß, die Unterstützung für zu Guttenberg sei fast schon fanatisch. Die Angriffslust der Medien aber auch.

Und das, obwohl gerade Journalisten doch auch klauen, was das Zeug hält. Es beginnt mit einem Zitat aus einer Konkurrenzzeitung, die nicht als Quelle angegeben wird (verschmerzbar) und geht bis zu gedankenlosem Übernehmen von fremden Texten (unerhört). Die Tastenkombinationen „Steuerung + C“ (Kopieren) und „Steuerung + V“ (Einfügen) gehören zum Handwerkszeug vieler Kollegen. Gerade in kleineren Tageszeitungen mit aus Kostengründen geschrumpften Redaktionen stoßen die Leser immer öfter auf ganze Textpassagen, die einfach aus dem Internet übernommen worden sind. Nicht zuletzt von Wikipedia. Manchmal ist der Inhalt so haarsträubend, daß trotz des Plagiats eigentlich schon wieder Milde im Sinne von George Bernard Shaw angebracht ist, der einmal gesagt hat: „Über Plagiatoren soll man nicht allzu hart urteilen. Es kann durchaus ein Milderungsgrund sein, daß ihre Einfälle nicht von ihnen stammen.“

Das macht den Textklau von Guttenberg nicht besser, aber es zeigt auch, daß die Debatte um seine Doktorarbeit scheinheilig geführt worden ist. 

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