© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/11 04. März 2011

Libyen-Krise
Viel heiße Luft
von Moritz Schwarz

Die Kommentare der Medien überschlagen sich derzeit mit gutgemeinten Ratschlägen, was mit Libyen zu tun sei: Embargo, Flugverbot, Intervention. Orient-Experte Peter Scholl-Latour nennt das offen, was es ist: ein Alibi – ein Flugverbot gar „völligen Scheiß“.

Es ist ja an sich sympathisch, das libysche Volk gegen seinen Operetten-Frankenstein zu unterstützen – aber hegen denn die Stammtischstrategen in den Redaktionsstuben tatsächlich gute Absichten?

Hand aufs Herz, wo war denn das lautstarke Engagement dieser Leute etwa im Fall Darfur? Die Massaker dort waren zwar weit umfangreicher als die derzeitigen Untaten der Gaddafi-Getreuen, aber auch weniger sexy. Opfer war eben nicht eine junge, urbane, nach Jasmin duftende Internet-Generation, die wir bevorzugt als Träger der derzeitigen Revolutionswelle in ganz Arabien ausmachen, sondern afrikanische „Hinterwäldler“. Keine Gerechtigkeit gibt es auch für Leute, die „es“ schon immer gesagt haben – oder lobt etwa irgend jemand Ronald Reagan postum dafür, daß er schon 1987 tat, was viele Gutmenschen jetzt fordern: Gaddafi zu bombardieren?

Nein, in Wahrheit gilt die Revolution in Nordafrika als „schick“. Hier das Maximale zu fordern, gibt das gute Gefühl, irgendwie auch „dabei“ zu sein. Gelangweilt von der Zufriedenheit hierzulande, läßt sich so ohne Risiko der verwegene Duft der Revolution inhalieren.

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