© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/11 25. Februar 2011

Umwelt
Brutaler Tierschutz
Michael Howanietz

Das stille Sterben der Haie wird kaum wahrgenommen. Zwischen 70 und 200 Millionen der Meeresjäger sind es, die alljährlich an Bord illegaler Fangschiffe gehievt, ihrer Flossen beraubt und als manövrierunfähiger Torso wieder ins Wasser geworfen werden. Vor allem in Ostasien gilt Haifischflossensuppe als Rezeptur zur vermeintlichen Stärkung der Immun- und Manneskraft. Ähnliche Kräfte werden auch Produkten von anderen Tieren der Roten Liste bedrohter Arten zugeschrieben. Neben dem Tiger sind das vor allem die Nashörner. Wurden 2007 in Südafrika 13 Tiere durch Wilderer getötet, waren es 2008 bereits 83 und 2009 122. 2010 waren es laut WWF bereits im ersten Halbjahr 213 Nashörner. Die Wildererbanden nutzen dabei moderne Technik, vom Leichthubschrauber bis zur geräuschlosen Armbrust. Sie töten die kurzsichtigen Schwergewichte zumeist durch eine Überdosis Betäubungsmittel, bemächtigen sich der Hörner und machen sich eilig aus dem Savannenstaub.

„Ein durchschnittliches Achtkilo-Nashorn bringt eine stolze dreiviertel Million.“

Den Aufwand rechtfertigen die gigantischen Gewinne, die mit dem Nasenhorn des Rhinozeros zu erzielen sind. Der Wilderer selbst erhält pro Kilogramm etwa 300 Euro, der Zwischenhändler 6.000, der Endverkäufer in Asien satte 90.000 Euro. Ein durchschnittliches Achtkilo-Nashorn bringt also eine stolze dreiviertel Million. Das südafrikanische Umweltministerium versucht den steigenden Abschußzahlen mit einer Wildtierschutzeinheit und Militärpatrouillen zu begegnen. In einzelnen Tierparks werden die Tiere prophylaktisch enthornt, um der Wilderei und dem Export der begehrten Schmuggelware Einhalt zu gebieten. Tierschutz durch Verstümmelung – eine offenbar notwendige Maßnahme, denn bis die Evolution den flossenlosen Hai oder das hornlose Rhinozeros hervorgebracht hätte, gäbe es die einstigen Träger der begehrten Beutestücke längst nicht mehr.

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