© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/11 25. Februar 2011

Schwere Arbeit für den Wahlsieger
Irland: Bei der Neuwahl des Parlaments wittert die Opposition Morgenluft / Staatsschulden lassen wenig Spielraum
Derek Turner

Der 25. Februar ist der Tag der Abrechnung. Die Iren entscheiden über die Vergabe der 165 Sitze im Dáil, dem Parlament der Republik.

Die Neuwahlen wurden fällig, nachdem die Grünen im Januar der Regierungspartei Fianna Fáil des Premierministers Brian Cowen das Vertrauen entzogen hatten. Hintergrund war die staatliche Rettungsaktion für überschuldete Banken, die einen 85-Milliarden-Kredit vom IWF und der Europäischen Zentralbank notwendig gemacht hatte. Schätzungen zufolge werden die Staatsschulden bis 2015 auf 125 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Dieser erdrückenden Nachricht gingen zwei von Rezession und politischen Turbulenzen geprägte Jahre voraus.

Die Fianna Fáil (FF; „Soldaten des Schicksals“), die nicht recht in ein Links-Rechts-Schema paßt und im EU-Parlament zur liberalen Fraktion gehört, hatte insgesamt 22 der vergangenen 24 Jahre die Regierungsmacht inne. Bei den letzten Wahlen im Jahr 2007 gewann sie 41,6 Prozent der Stimmen und 77 Sitze im Parlament. Diesmal sehen Wahlforscher sie nur noch bei 12 Prozent.

Wahlsieger dürfte die wichtigste Oppositionspartei werden, Fine Gael („Stamm der Iren“) unter Enda Kenny, die bei den letzten Wahlen mit 27,3 Prozent 51 Parlamentsmandate errang. Allerdings wird sie aller Voraussicht nach nur mit Unterstützung der Labour Party (20 Sitze/27,3 Prozent) eine Regierung bilden können.

Sinn Féin punktet mit Sozialismus und EU-Skepsis

Das wirtschaftsnahe und EU-freundliche Programm der Fine Gael, deren politische Ausrichtung in etwa jener der christdemokratischen Parteien auf dem europäischen Festland entspricht, könnte sich zwar im momentanen politischen Klima zu ihren Ungunsten auswirken, andererseits kann Fine Gael aber mit den Stimmen zahlreicher enttäuschter FF-Wähler rechnen. Denn sie verspricht einiges: Sie will Neuverhandlungen über die IWF-Bürgschaft anstrengen, dabei aber an den niedrigen Steuersätzen für Unternehmen festhalten; darüber hinaus die Sozialversicherungssätze für Geringverdiener kürzen, die Einwanderung begrenzen sowie den Regierungsapparat verschlanken. Dagegen kann die linksnationale Sinn Féin mit ihrer Mischung aus sozialistischen Thesen und EU-Skepsis punkten.

Doch egal, wer am 9. März zum Wahlsieger erklärt wird, er wird sich mit einem riesigen Haushaltsloch und der Machtlosigkeit seines Landes arrangieren müssen, das sich gerade erst an seine neue Rolle als keltischer Tiger gewöhnt hatte. Ihm wird kaum eine andere Wahl bleiben, als die Finanzpolitik der Vorgängerregierung fortzusetzen und sich damit schnell genauso unbeliebt zu machen.

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