© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/11 18. Februar 2011

Hilfe, die Mammuts kommen
„Jurassic Park IV“: Japanische Wissenschaftler wollen die Ur-Elefanten auferstehen lassen
Volker König

Es war eine der ungewöhnlichsten Nachrichten, die Ende Januar durch die Medien gingen: „Das Mammut kehrt zurück.“ Hintergrund: Japanische Wissenschaftler wollen in den nächsten fünf bis sechs Jahren die Eiszeitriesen wiedererstehen lassen. Möglich werden soll dies durch das Klonen von Geweberesten, wie sie zum Beispiel das Naturhistorische Museum in St. Petersburg besitzt.

Ziel ist es, aus gut erhaltenen Überbleibseln der ausgestorbenen Spezie „Mammuthus“ das Erbgut zu isolieren und einen Zellkern in eine Elefanten-Eizelle einzupflanzen. Und die Pläne gehen noch weiter: Langfristig schwebt den Wissenschaftlern ein prähistorischer Park in Sibirien vor, der nicht nur vom Mammut, sondern auch vom wiedererweckten Säbelzahntiger und Wollnashorn bevölkert wird.

Das Vorhaben mutet wie der Versuch einer realen Inszenierung von „Jurassic Park“ an. Doch die Pläne, sowohl das Erbgut ausgestorbener als auch noch lebender, aber bedrohter Tierarten zu bewahren, sind nicht utopisch. Unter der Führung der britischen Universität Nottingham sind derzeit 14 wissenschaftliche und zoologische Einrichtungen weltweit an dem Projekt „Frozen Ark“ beteiligt.

Es geht darum, ein riesiges Archiv des genetischen Erbgutes all jener 16.000 Tierarten aufzubauen, die auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) geführt werden. Der deutsche Partner der „Frozen Ark“ ist das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin. Gesammelt werden Spermien, DNA, Eizellen und Körpergewebe von toten Zootieren oder dem Beifang von Fischereiflotten. Die Proben verwahrt man in Spezialgefäßen mit flüssigem Stickstoff, der für eine Temperatur von minus 190 Grad sorgt. Durch die Kälte sollen die Zellen konserviert werden, aber die Kälte kann auch Schaden anrichten. Gerade Zellen von Säugetieren können durch die dann entstehenden Eiskristalle zerstört werden. Und deshalb herrscht beim Berliner IZW auch Skepsis gegenüber den Wiedererweckungsplänen der japanischen Mammut-Kloner.

So verweist dessen Mitarbeiter Alex Greenwood darauf, daß es in der sibirischen Arktis, von wo das Gros der Mammut-Relikte stammt, keine stabil tiefe Temperatur gibt. Die dort lagernden Überreste seien letztlich nichts anderes als 10.000 bis 20.000 Jahre altes tiefgefrorenes Fleisch, dessen Erbmoleküle beim sich ständig wiederholenden Auftauen und Einfrieren regelrecht in Millionen von Teilchen zerlegt wurden. Aus diesem Material verwertbare DNS zu finden, sei geradezu utopisch.

Die Mitarbeiter von „Frozen Ark“ fürchten daher, daß das japanische Vorhaben im besten Falle eine Chimäre aus Mammut und Elefant zum Resultat haben wird. So sieht es auch Heinz Furrer, Kurator des Paläontologischen Museums der Universität Zürich, der zu dem Projekt der Japaner erklärte: „Falls sie tatsächlich ein Lebewesen erschaffen, wäre es wohl eher ein Elefant mit großen Stoßzähnen und langen Haaren.“

Den Einwand, daß es ihnen gelungen sei, aus dem Erbgut einer 16 Jahre eingefrorenen Maus ein neues Tier zu klonen, weist Furrer zurück. Es sei ein Unterschied, ob die DNS unter gleichbleibender Temperatur in einem Institut oder aber Jahrtausende im Permafrostboden lagere.

Man muß nicht erst Tiere der Eiszeit bemühen, um zu verstehen, wie schwierig – wenn nicht unmöglich – es ist, ausgestorbene Arten zu neuem Leben zu erwecken. Ein Paradebeispiel dafür gibt der australische Beutelwolf ab. Der mächtige Raubbeutler, wegen seiner Fellzeichnung auch Tasmanischer Tiger genannt, wurde von den weißen Kolonisten als Feind ihrer Schafherden erbarmungslos dezimiert.

Erst 1936 stellte man das fast völlig ausgerottete Tier unter Naturschutz, und im selben Jahr starb das letzte bislang bekannte Exemplar im Zoo der tasmanischen Hauptstadt Hobart. Seither gibt es immer noch Berichte über mögliche vereinzelte Sichtungen, doch sind sie ungesichert.

Gesichert hingegen ist das reichlich vorhandene Erbgut des Beutelwolfes.  Auf der Grundlage eines 1886 in Alkohol konservierten Fötus machte sich im Jahr 2000 ein australisch-amerikanisches Forscherteam daran, die DNS zu sequenzieren. Ziel war es, über eine Leihmutter aus der Art des nahe verwandten Tasmanischen Teufels die ausgestorbene Art wiederzubeleben.

Es gelang zwar, den DNA-Abschnitt mit jenem Gen, das für die Produktion des Eiweißes Kollagen verantwortlich ist und bei der Knochen- und Knorpelbildung eine wichtige Rolle spielt, zu reanimieren. Aber es zeigte sich, daß auch hier das Erbgut zu zerstört war, um es zu nutzen. 2005 erklärten die Australier ihr Projekt für gescheitert.

Den Beutelwolf wird es also – wenn überhaupt – nur noch in verstreuten einzelnen Exemplaren in Tasmanien geben. Und ob das Mammut dank Klonens wieder durch Sibirien stapfen wird, ist ebenso fraglich. Die Mitarbeiter von „Frozen Ark“ zweifeln auch den Sinn eines solchen Vorhabens an. Eine ausgestorbene Art rekonstruieren zu wollen, sei mehr als bedenklich. Das „Wissen, das die Matriarchin einer Elefantenherde hat, kann keine Gen- oder Samenbank ersetzen“, so Heribert Hofer vom Berliner IZW.

Foto: Mammutattrappe im Prager Nationalmuseum: So könnten die größten Landsäuger ausgesehen haben, die vor rund 4.000 Jahren ausstarben

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