© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/11 18. Februar 2011

Frisch gepresst

Hinterpommern. Trieglaff liegt nordöstlich Stettins, im ersten „Gütergürtel“ der hinterpommerschen Kreise Regenwalde, Naugard, Griefenberg. Hier saß Preußens Landadel seit Generationen. Die Thaddens auf Trieglaff gehörten dazu. Und waren – aufgrund kirchlicher Bindungen – doch Außenseiter. Im Gegensatz zu vielen vertriebenen Standesgenossen erleichterte ihnen ein geschichtstheologisch überfrachteter Glaube an „deutsche Schuld“, die polnische Annexion ihrer Heimat als „gerechte Strafe“ zu akzeptieren. Nur der zeitweilige NPD-Vorsitzende Adolf von Thadden (1921–1996) hatte sich „stark in eine nationalistische Denkweise verrannt“ und sprach auch nach 1989 nie im Familienjargon vom „polnisch gewordenen“, sondern allein vom „polnisch besetzten Pommern“. Aus der Sicht seines Stiefbruders, des Göttinger Historikers Rudolf von Thadden, der die Geschichte seines Clans ganz „im Geiste der Versöhnung“, also aus der Sieger-Perspektive erzählt, weist solcher Nationalismus alle Symptome einer Geisteskrankheit auf. Hält der Leser aber auf Distanz zu diesen politpädagogischen Prämissen, darf er sich von Rudolf von Thaddens „Einbettung pommerscher Heimatgeschichte“ in die preußisch-deutsche Geschichte seit den Befreiungskriegen guten Gewissens faszinieren lassen. (ob)

Rudolf von Thadden: Trieglaff. Eine pommersche Lebenswelt zwischen Kirche und Politik 1807–1948, Wallstein Verlag, Göttingen 2010, 294 Seiten, Abbildungen, 24,90 Euro

 

Ostgoten. So einfach gestrickt, wie Dr. Brett in der „Feuerzangenbowle“ den Oberprimanern um Hans Pfeiffer den Völkerzug der Goten nahebringt, hat er sich wohl nicht zugetragen. Wie genau sich der durch archäologische Funde an Weichsel, Don und Donau belegte Weg dieses Germanenstammes tatsächlich bis hin zur kurzen Blüte im Ravenna unter Theoderich dem Großen vollzog, darüber gibt die quellenarme Spätantike nur spärlich Auskunft. Der Berliner Skandinavist und Altphilologe Hans-Jürgen Hube hat eines der wesentlichen Werke, die von dem gotischen Chronisten Jordanes Mitte des sechsten Jahrhunderts in 60 Kapiteln zusammengetragene Ostgoten-Saga, die von den skandinavischen Wurzeln, den „fruchtbaren Gegenden Skytiens“ am Schwarzen Meer oder dem Gemetzel an den Katalaunischen Feldern 451 n. Chr. berichtet, „nacherzählt und kommentiert“. (bä)

Hans-Jürgen      Hube: Ostgoten-Saga. Nacherzählt und kommentiert. Marix Verlag, Wiesbaden 2010, gebunden, 512 Seiten, 15 Euro

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