© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/11 18. Februar 2011

Zeitschriftenkritik: Strahlkraft
Propaganda-Organ für Neofolk-Kultur
Nils Wegner

Die ohnehin sehr kleine Neofolk-Musikszene hatte ihre Hoch-Zeit Anfang bis Mitte der neunziger Jahre. Seitdem ist es recht still geworden. Dies hat auch zum Niedergang der wenigen dazugehörigen Printmagazine geführt. Heute präsentieren Internetblogs Rezensionen und Konzertberichte, während beispielsweise das ästhetisch und intellektuell anspruchsvolle Ikonen-Magazin sein Erscheinen eingestellt hat.

Seit einiger Zeit nun gibt es mit Strahlkraft eine neue Zeitschrift, die sich ausschließlich dem musikalischen Untergrund widmen möchte. Laut Selbstauskunft wird das Magazin von all jenen getragen, „die sich kultureller Verluste erwehren“. Weiter heißt es: „Dem schleichenden Prozeß der totalen Technisierung von Leben und Kultur wollten wir ein altbewährtes kulturelles Gut entgegensetzen – das Magazin.“ Herausgebracht von dem kleinen Internetlabel Castellum Stoufenburc und von einem nur fünfköpfigen Redaktionskreis geschaffen, kommt das sich selbst so bezeichnende „Propagandaorgan für Neofolk-Kultur“ entsprechend aufwendig gestaltet und sehr ambitioniert daher. Die 60 Seiten sind im Stil alter Meldeblöcke und mit einer Schreibmaschinen-Type gehalten, zahlreiche Bilder aus musikalischen und zeitgeschichtlichen Zusammenhängen sprechen den kundigen Leser an. Eingeleitet wird das Heft im Din-A5-Format von einem – allerdings älteren – Aufsatz des Von-Thronstahl-Chefs Josef Klumb, der sich über „Antifa-Gestapo und Neofolk-Punk“ ausläßt. Außerdem bietet das Magazin unter anderem ein Gespräch mit dem Sänger der Metal- und Neofolk-Gruppe Halgadom, Frank Krämer, sowie mehrere Selbstvorstellungen aufstrebender europäischer Künstler und eine Gedichtsektion.

Sämtliche Beiträge liegen übrigens in Deutsch und Englisch vor, was von internationalem Anspruch zeugt. Leider unterscheiden sich die englischen Fassungen qualitativ stark, da offenbar der jeweilige Verfasser seinen eigenen Text übersetzt hat. Teilweise haben sich einige herbe Schreib- und Übersetzungsfehler eingeschlichen.

Hervorzuheben ist, daß die Strahlkraft-Erstausgabe sich stark auf die politisch-provokative Seite der Neofolkszene konzentriert. Das mag verständlich sein angesichts des Vorworts, das zaghafte Szenegänger beklagt und die Parole „Tonkunst wider die Masse“ ausgibt. Dennoch wäre es eine sträfliche Vernachlässigung, die kulturellen, literarischen und spirituellen Aspekte dieses Genres zu unterschlagen. Für kommende Ausgaben bleibt also auf eine größere Themenvielfalt zu hoffen.

Letztlich stellt Strahlkraft ein vielversprechendes Projekt dar, das allen Szeneangehörigen und Neugierigen nicht zuletzt aufgrund der ästhetischen Aufmachung zu empfehlen ist. Dazuerworben werden kann der limitierte Gemeinschaftstonträger Sturmreif, auf dem sich sechzehn Musikgruppen eines breiten klanglichen Spektrums vorstellen. Wer sich einen Überblick über martialische europäische Untergrundmusik verschaffen will, der ist mit Strahlkraft gut beraten.

Das Magazin kostet 3 Euro, die CD 8,50 Euro. www.castellum-stoufenburc.de

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