© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/11 18. Februar 2011

Bundesbankpräsident Weber kündigt seinen Rücktritt an
Merkellose Karriere
Bernd-Thomas Ramb

Der Ende April erfolgende Rücktritt von Bundesbankpräsident Axel Weber ist zweifellos ein Paukenschlag. Aber nicht ohne Vorbild, denn im Juni 1991 erklärte der damalige Chef der Deutschen Bundesbank, Karl Otto Pöhl, sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Amt. Zuvor hatte ihn Bundeskanzler Helmut Kohl wochenlang warten lassen, bevor er seinen Unmut über die Währungsunion mit der DDR-Mark vortragen durfte. Sie mußte nach Pöhls Einschätzung nicht nur die wirtschaftliche Anpassung in der DDR, sondern auch das Ansehen der Bundesbank extrem schädigen.

Webers Rücktritt zeigt Parallelen zum Fall Pöhl. Auch hier schlägt die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Warnungen des amtierenden Bundesbankpräsidenten in den Wind. Weber hat sich – noch deutlicher als seinerzeit Pöhl – gegen die offizielle Politikvorgabe geldpolitischer Unvernunft ausgesprochen und insbesondere die Praxis der Europäischen Zentralbank (EZB) gerügt, die Schuldverschreibungen maroder Euro-Länder aufzukaufen. Er steht mit dieser Position innerhalb der EZB allein, zumindest was den Mut anbetrifft, den währungspolitischen Kamikaze-Kurs offen anzuprangern.

Auch Merkel hat Weber nicht nur alleine, sondern im Regen der französischen Gegenauffassung stehen lassen. Wäre Weber der Karrierist, als der er jetzt von einigen verdächtigt wird, hätte er seine Position ebenso schnell geändert wie die europolitisch weichgeknetete Kanzlerin. Auch die zweite Unterstellung, er habe damit das falsche Thema gewählt, um sich als Nachfolger des französischen EZB-Präsidenten Jean-Claude Trichet zu profilieren, trifft nicht. Das widerspricht Webers lebenslanger Karriere als ausgewiesener Wissenschaftler, mit geldtheoretischem und -politischem Schwerpunkt. Da setzt man nicht sein wissenschaftliches Ansehen aufs Spiel.

Schon als junger Doktorand war Weber ein bekennender Anhänger der makroökonomischen Theorie rationaler Erwartungen. Damit ist nicht die selbstsüchtig kalkulierende Befolgung rein persönlich wichtiger Informationen gemeint. Die Wissenschaft der rationalen Erwartungen verwendet die reale wirtschaftliche Gesamtsituation und das Wissenspotential aller Beteiligten zur Prognose künftiger Entwicklungen. Eben darauf basiert Webers Warnung vor den Gefahren, die dem Euro aufgrund einer unverantwortlichen EZB-Geldpolitik drohen.

Webers EZB-Kritik ist kein karrieristisches Bewerbungsgeplänkel, sondern Ergebnis einer redlichen wissenschaftlichen Laufbahn. Sein Rücktritt ist die konsequente Fortsetzung einer makellosen Karriere, die jetzt nur noch als merkellose Karriere möglich ist. Allerdings kann auch kaum klarer das Ende der Euro-Währung verkündet werden. Die Erwartung, der Euro könne noch gerettet werden, ist mit Webers Rücktritt nunmehr vollständig irrational.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen