© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/11 11. Februar 2011

Das liest die Truppe
Die Bundeswehrmedien im Nach-Wehrpflicht-Zeitalter
Hans Brandlberger

Öffentlichem Schulterklopfen für die Bundeswehr ist zumeist eine Portion Mitleid beigemischt. Modernität und Professionalität sind nicht die Attribute, die sich spontan mit ihrem Image verbinden. Unter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich eine gewisse Mediokrität sogar als Selbstbild verfestigt.

Y, dem Flaggschiff der Bundeswehr-Publizistik, läßt sich derartiges nicht nachsagen, hat das Monatsmagazin doch in jüngster Zeit zu zivilen Standards aufgeschlossen. Zumindest Branchenexperten haben dies registriert und Y im vergangenen Jahr gleich zweimal ausgezeichnet. Im Wettbewerb „Best Corporate Publishing“ sicherte sich die vom Verteidigungsministerium herausgegebene Zeitschrift eine Goldmedaille. Und die Deutsche Public Relations Gesellschaft sprach ihr den dritten Platz im „inkom Grand Prix“ zu.

Das Magazin, das vor knapp einem Jahrzehnt mit einem halbherzig am Focus orientierten Layout und befüllt mit Inhalten im betulichen Duktus der Bundeszentrale für politische Bildung begann, wurde komplett und nach einer längeren Selbstfindungsphase auch erfolgreich umgekrempelt.

Unbarmherzig gegenüber dem älteren Publikum wurde das Magazin konsequent an den Lesegewohnheiten der vom Verteidigungsministerium vorgegebenen Kernzielgruppe der 18- bis 35jährigen ausgerichtet. Y hat dabei keinen neuen Stil kreiert, aber das, was bereits auf dem Markt ist, mit Geschick als Vorbild herangezogen.

Der Gratwanderung, in der Verpackung eines Lifestylemagazins einen „Betriebsalltag“ einzufangen, in dem immer mehr „Beschäftigte“ dem Risiko von Tod und Verwundung ausgesetzt wurden, stellt sich eine aus zivilen Medienprofis und journalistisch geschulten Uniformträgern zusammengewürfelte Redaktion, die in der Berliner Julius-Leber-Kaserne residiert. In ihrem in die Themenblöcke Politik, Streitkräfte, Technik und Unterhaltung gegliederten Produkt bemüht sie sich nicht nur um eine saloppe Tonlage, sie scheut auch nicht davor zurück, sicherheitspolitische Probleme ohne Rücksicht auf Sprachregelungen der Bundesregierung anzufassen. Naturgemäß endet die journalistische Freiheit dort, wo es ans Eingemachte geht. Dies ist aber bei Mitarbeiterzeitschriften von Konzernen oder Verbandsorganen nicht anders. Auffällig zurückhaltend verhält sich Y bei der Vermarktung des Ministers. Der Starkult um zu Guttenberg wird der Bild-Zeitung überlassen.

Das Gros der Gesamtauflage von knapp 60.000 Exemplaren wird in der Truppe kostenlos verteilt. Das Magazin ist zwar, etwa per Abonnement, für jedermann erhältlich, die Außenwirkung ist gleichwohl minimal. Die in der Anfangsphase gehegten Hoffnungen, Y könnte auch eine Rolle in der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr spielen und dabei helfen, den vielbeschworenen „Dialog mit der Gesellschaft“ zu führen, haben sich nicht erfüllt.

Den weiteren Periodika der Bundeswehr, die nach der Medienreform der Scharping-Ära übriggeblieben sind, ist Innovationsfreude jedoch nicht nachzusagen. Das Wochenblatt aktuell bietet artig eine heterogene Mixtur aus Verlautbarungsjournalismus, wiedergekäuten Hintergründen und infantiler Unterhaltung. Einzig die Verbreitung wurde zeitgemäß um eine PDF- und eine E-Paper-Version erweitert.

Die Informationen für die Truppe (IFDT), einst eine Fundgrube für gewichtige Artikel zu den Themen Militärgeschichte und Sicherheitspolitik, sind zu if – Zeitschrift für Innere Führung mutiert – mit einem etwas großzügigeren und moderneren Layout, das aber nicht verdecken kann, daß in der Zusammenstellung der Artikel Beliebigkeit waltet und die Publikation mit halber Kraft bloß noch aus Traditionsbewußtsein aufrechterhalten wird. Die Sinnkrise der Inneren Führung spiegelt sich so unfreiwillig in ihrem zentralen Medium wider.

Den neuen „Sozialen Medien“ hat sich die Bundeswehr zögerlich gestellt, unterdessen ist sie auf Youtube mit einem Kanal, auf Flickr mit aktuellen Fotos sowie auf Twitter mit Meldungen präsent. Hier richtet sich der Blick aber weniger auf die „interne Kommunikation“, sondern auf die Ansprache der Öffentlichkeit insbesondere unter dem Aspekt der Nachwuchsgewinnung. Mit der Aussetzung der Wehrpflicht ist genau dies der Schwerpunkt, den die Bundeswehr in der Fortentwicklung und Neuausrichtung ihrer Medienangebote wird setzen müssen.

Foto: BW-Medien: Zur Verpflegung der Truppe gehört auch geistige Nahrung – so wie das Magazin Y (rechts)

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