© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/11 11. Februar 2011

Gibbons sprechen weder bairisch noch sächsisch
Tierische Verständigung: Wissenschaftler der Universität Göttingen erforschen „Affendialekte“
Robert Backhaus

Sensationelle Mitteilung aus dem Primatenzentrum der Universität Göttingen: Auch Affen sprechen Dialekt! Forschungen an verschiedenen Populationen hinterasiatischer Gibbons hätten zutage gefördert, daß die Tiere sich von Region zu Region mit verschiedenen Lauten verständigten. Zwar sei eine grundsätzliche Gemeinsamkeit aller Gibbonlaute erkennbar, also eine „Hochsprache“, aber es gebe doch auch beträchtliche Abweichungen. Ob die Population einer Region die einer anderen auf Anhieb verstehen könne, werde gerade erforscht.

Aber den Göttinger Forschern scheint da etwas durcheinandergeraten zu sein. Entweder es gibt mehrere unterscheidbare Gibbonsprachen – oder es gibt sie nicht. Was soll die Rede über Dialekte? Ein Dialekt ist keine selbständige Sprache („Hochsprache“), sondern lediglich eine Modulation von dieser. Es gibt beispielsweise bairischen und sächsischen Dialekt, aber beide gehören der deutschen Sprache an.

Wer von Affendialekten spricht, der muß erst einmal erforschen, ob es auch entsprechende Affensprachen gibt. Es sei denn, er glaubt mit menschlicher Überheblichkeit gar nicht, daß die Affen überhaupt ordentliche Sprachen haben können, sondern nur „primitiven“ Dialekt. So etwas würden aber weder Bayern noch Sachsen gerne hören.

Übrigens: Bisher war man sich unter Forschern einig, daß Gibbons gar nicht sprechen, sondern singen, ob nun auf Borneo, in Malaysia oder sonstwo. Sie sind die großen Sänger im Reich der Primaten, sie verständigen sich untereinander mit Gesang, und der klingt durchaus hübsch in unseren Ohren, einerlei in welchem Dialekt gesungen wird. Das unterscheidet die Gibbons von uns Menschen. Mozarts Königin der Nacht auf bairisch oder sächsisch gesungen klänge weniger hübsch.

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