© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/11 11. Februar 2011

Inflation ist kein Hirngespinst
Geldpolitik: Die „gefühlte“ Geldentwertung ist real / Expertendiskussion über Meßmethoden und Ausprägungen
Klaus Peter Krause

Die Angst vor der Geldentwertung wird zu einem öffentlichen Thema. In den Überschriften von Zeitungsberichten ist das Wort Inflation häufig geworden. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat wiederholt vor einer sich beschleunigenden Inflation gewarnt. Groß ist auch die Versuchung, daß Regierungen in der Inflationierung ihr Heil sehen, weil sie damit die staatliche Verschuldung entwerten und sich diese Last erleichtern können. Renommierte US-Ökonomen wie Kenneth Rogoff plädieren offen für eine „kontrollierte“ Inflation von jährlich vier bis sechs Prozent, um die Staatsfinanzen zu stabilisieren.

Die offizielle Teuerungsrate für die Euro-Zone wurde jetzt mit 2,4 Prozent ausgewiesen. Die Verbraucher mißtrauen dieser Zahl und nehmen beim Einkaufen einen höheren Preisanstieg wahr. Daß sie damit nicht falsch liegen, zeigt das Schweizer Forschungszentrum für Wirtschaftsstatistik in Freiburg (CEStat.ch) auf. Es berechnet die „gefühlte“ Teuerung und gewichtet die Waren danach, wie häufig sie gekauft werden. Für Deutschland hat CEStat im Dezember 5,2 Prozent ermittelt – drei Prozentpunkte mehr als die amtliche Rate.

Allerdings ist nicht jeder Preisauftrieb eine Inflation, denn an freien Märkten steigen die Preise nur dann, wenn die kaufkräftige Güternachfrage größer ist als das vorhandene Güterangebot. Zu knapp heißt, die Gütermenge ist geringer geworden (etwa Produktionsausfälle) oder nicht ebenso gewachsen wie die kaufkräftige, also die mit Geld ausgestattete Nachfrage. Aber wie kann die kaufkräftige Nachfrage zu groß werden?

Die kaufkräftige Nachfrage wird durch die Geldmenge bestimmt, die in den Wirtschaftskreislauf über die Zentralbanken und Banken gelangt. Diese Geldmenge ist, wenn sie nicht durch Gold oder Silber „gedeckt“ und daher in ihrem Wachstum begrenzt ist, beliebig vermehrbar. Während das Herstellen von Münzen und Banknoten eine Grenze in der Verfügbarkeit der Sachgüter Metalle und Papier findet, gibt es für die Geldschöpfung durch Kreditvergabe (Buch- oder Giralgeld) keine natürliche Grenze; sobald eine Bank einen Kredit gewährt und mit einfacher Buchung dem Kre-ditempfänger zur Verfügung gestellt hat, hat sich die Geldmenge um den Kreditbetrag vergrößert. Das vollzieht sich nun blitzschnell am Computer.

Die Grenze für solche auch fiat money (JF 43/10) genannte Geldschöpfung können, wenn es sich um ein staatliches Monopolgeld handelt, nur der Staat und die Zentralbank ziehen. So soll es an sich auch sein, aber die jüngste Weltfinanzkrise als Folge der Überschuldung von zu großen Banken und von zu unsoliden Staaten hat diese Grenzen eingerissen und zu einer ungeheuren Geldmengenvermehrung geführt. Inzwischen kaufen Zentralbanken wie die US-Fed und die EZB Staatsanleihen auf und schaufeln damit zusätzlich Geld in den Kreislauf. Zuerst geht es in den Bankenapparat und die Finanzmärkte, dann weiter nach unten in die Gütermärkte (Waren und Dienstleistungen), bis es schließlich auch in die Märkte für die diversen Verbrauchsgüter gelangt.

Hinzu kommt, daß Staaten und Zentralbanken den Zins monopolisiert haben, ihn manipulieren und – ausgehend von den USA – nahe an Null heruntergedrückt haben. Nur so können hochverschuldete Banken und Staaten überhaupt noch ihre Zinsverpflichtungen halbwegs bewältigen. Das heißt, alle Gläubiger in diesen Staaten, vor allem die Bürger mit Guthabenkonten und ihren Sparanlagen, auch in Deutschland, müssen mit niedrigsten Zinserträgen für die Schulden der Mächtigen bluten. Aus dem Gläubigerschutz ist Schuldnerschutz geworden.

Nun zurück zum Begriff Inflation. Steigen die Güterpreise im unbeschränkten Wettbewerb aufgrund von Verknappung, sind das zwar unerfreuliche, aber stinknormale Preissteigerungen, Inflation ist das nicht. Inflation liegt nur dann vor, wenn die Güterpreise steigen, weil die Geldmenge aufgebläht worden ist und das Güterangebot mit der Aufblähung der Geldmenge nicht Schritt halten kann. Die Folge ist zwingend: Die Preise der relativ knappen Güter passen sich auf den Märkten der riesigen Geldmenge an, vulgo: sie steigen.

Das eine ist die Teuerungsrate, das andere die Inflationsrate. Beides, Verknappung und Inflation, kann auch zusammen auftreten. Dann entsteht aus verknappungsbedingtem und inflationsbedingtem Preisauftrieb eine scheußliche Mischung. Doch ist der inflationsbedingte auf den Güter-, vor allem den Konsumgütermärkten noch gar nicht richtig durchgesickert, sondern macht sich erst auf den Finanzmärkten (zum Beispiel Aktienkurse), auf Rohstoffmärkten, Bodenmärkten (Agrarland) und Edelmetallen wie Gold und Silber (Inflationsangst) bemerkbar. In dieser Lage befinden wir uns jetzt.

Mutwillig und von allen guten Geistern verlassen treibt die Bundesregierung die Preise noch zusätzlich in die Höhe, so beispielsweise mit dem Abnahmezwang und dem Zwangsabnahmepreis für Wind- und Solarstrom. So steigt jährlich der Strompreis. Der Beimischungszwang von teurem „Bio-Äthanol“ ins Superbenzin (JF 51/10), das in den kommenden Wochen als „E10“ in die Tankstellen gedrückt wird, bringt die nächste Preiserhöhungsrunde. Diese willkürliche Energieverteuerung durch den Staat wird sich in den Güterpreisen für die Verbraucher ebenfalls erhöhend niederschlagen. Was für ein Wahnsinn. Und das nur in dem Wahn, das Klima „schützen“ zu müssen – und zu können.

Foto: Waage mit neuer deutscher Zehn-Euro-Münze: Statt Sterlingsilber (925/1000) nun aus dem billigerem Silber mit einem Feingehalt von 625/1000 – damit entspricht sie fast genau wieder den Spezifikationen der früheren Zehn-D-Mark-Gedenkmünzen

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