© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/11 04. Februar 2011

Umwelt
Wachsender Unmut
Volker Kempf

Die große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) hat kürzlich an zwei Präzedenzfällen klargestellt, daß konventionelle Züchtungsverfahren und daraus hervorgehende Pflanzen und Tiere von der Patentierung ausgeschlossen sind. Das haben vorige Woche in einer gemeinsamen Erklärung nun auch alle Bundestagsfraktionen begrüßt. „Wir dürfen nicht zulassen, daß es zu einer kommerziellen Privatisierung unseres Naturerbes durch die Hintertür kommt“, sagte Agrarministerin Ilse Aigner (CSU). Das klingt nach Balsam für die „grüne“ Wählerseele. Die Grünen wollen noch mehr: Die Patentierung von Genpflanzen und Tieren habe die gleichen Konsequenzen wie die Patentierung konventionell gezüchteter Pflanzen und Tiere, nämlich Monopolbildung und weniger unabhängige Forschung, meinte Fraktionssprecherin Ulrike Höfken. Das aber sind letztlich keine Grundsatzfragen.

Die einen schlagen industriekritische Töne an, die anderen geben sich wirtschaftsfreundlicher, ganz der jeweiligen Klientel entsprechend. Ersteres bringt aber mehr Mobilisierungspotential mit sich. Kritik an einer „industriehörigen Landwirtschafts- und Lebensmittelpolitik“ brachte nach Angaben vom Infodienst Gentechnik im Januar 22.000 Menschen auf eine Demonstration, zu der das Bündnis „Wir haben es satt!“ nach Berlin geladen hatte. Es braut sich da etwas zusammen, was den Regierungsparteien wie schon im Falle von „Stuttgart 21“ zum Nachteil gereicht. Da werden die derzeitigen Regierungsparteien am ehesten Boden gutmachen können, wenn sie beispielsweise den Tierschutz stärker in den Vordergrund stellen; aber gerade hier geschieht am wenigsten, weil das leider keine Gewinnsteigerung einbringt. Aber so ist das mit der Ethik, sie lohnt sich nicht unbedingt finanziell, außer daß die Wähler sie mitunter honorieren, wenn sie durchgesetzt wird.

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