© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/11 04. Februar 2011

Konservativer Punk-Rocker
Aus dem Nähkästchen: Ein Buch über Johnny Ramone
Toni Roidl

Die legendären Ramones sind ein Mythos des Punkrock. Die vier New Yorker machten Mitte der 1970er ihre schwarzen Lederjacken und zerschlissenen Blue Jeans zur Ikonographie der Punk-Mode. Unzählige Legenden ranken sich um die Erfinder des „Blitzkrieg Bop“. In diesen Geschichten gelten die Musiker natürlich stets klischeegerecht als Prototypen linken Protestes.

An diesem Bild kratzt nun der langjährige Tourneemanager Monte Melnick. Er begleitete die Band auf über zweieinhalbtausend Konzerten und galt als „der fünfte Ramone“. In seinem kürzlich erschienenen Buch „Auf Tour mit den Ramones“ (Hannibal) plaudert er aus dem Nähkästchen von Bandbus und „Backstage“.

Die Einblicke dürften manchen Fan konsternieren. Insbesondere Gitarrist Johnny Ramone wird von Monte als rechtskonservativer Reagan-Anhänger beschrieben: „Für mich war Ronald Reagan der beste Präsident meiner Generation.“ Als die übrigen Ramones Reagan wegen dessen Bitburg-Besuches mit einem Lied verunglimpften „Bonzo Goes to Bitburg“), tobte Johnny: „Ihr könnt alles machen – aber nicht meinen Präsidenten beleidigen!“

Auch für die europäische Punk-Subkultur hatten die Punk-Idole nicht viel übrig. Johnny Ramone: „Ich haßte diese Punks, die einen auf der Bühne anspuckten. Dieses Gossenverhalten in Europa hat die Shows ruiniert.“ Auch über die Inhalte redet der Ramone Klartext: „Wir wollten lustige Texte machen, um Politik sollten sich die Hippies kümmern. Die politischen Aussagen waren mehr eine Konzession von Joey an das linke Publikum in Europa.“

Wer hätte gedacht, daß die Punk-Originale wesentlich konservativer waren, als ihre Epigonen? Freilich provozierte Johnny Ramone mit seiner nonkonformen Haltung sein Punk-Umfeld zu den üblichen Strafpredigten (was wiederum beweist, daß Konservativsein eigentlich der wahre „Punk“ ist). Doch selbst hier fanden sich Menschen, die zu differenzierter Betrachtung fähig sind. Zum Beispiel Arturo, Lichtmischer der Ramones: „Du kannst nicht alle Konservativen in einen Topf stecken und annehmen, sie wären Rassisten.“ www.ramones.de

Monte A. Melnick: Auf Tour mit den Ramones. Hannibal, Innsbruck 2010, broschiert, 384 Seiten, 22,95 Euro

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