© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/11 04. Februar 2011

Erneuerbar, aber unrentabel
Streitschrift: Der Physiker Gustav Krüger hält die Ökostromeinspeisung für eine Verschwendung volkswirtschaftlicher Ressourcen
Christian Schwiesselmann

Erneuerbare Energien haben mächtige Fürsprecher. Der Laie durchschaut ihre verkürzten Argumentationsketten nicht. Er hält Elektroautos für eine Innovation, obwohl Porsche bereits zur Weltausstellung 1900 einen Hybridantrieb aus Verbrennungs- und Elektromotor konstruiert hatte – mit allen bekannten Nachteilen: teure und schwere Akkumulatoren, geringe Reichweite und höhere Energiekosten, wenn man den Gesamtwirkungsgrad der Energieumwandlungskette betrachtet.

Ähnliches gilt für die vielgepriesene Windkraft. Ein Kernkraftwerk erzeugt aus einem Megawatt installierter Leistung 7,5mal mehr Strom als ein vergleichbares Windkraftwerk, da der Wind nicht immer und schon gar nicht gleich stark weht. Allein deshalb läßt sich die Atomkraft nicht vollständig durch Windkraft ersetzen. Zudem wäre ein enormer Natureingriff die Folge: Man bräuchte über 300.000 Windräder – fast eins pro Quadratkilometer. Von den notwendigen Kabeltrassen ganz zu schweigen. Statt im Schwarzwald wären Windkraftanlagen in Offshore-Parks auf der Nordsee durchaus sinnvoll. Allerdings ist der Aufwand beträchtlich: Installation auf hoher See, Korrosion durch Salzwasser, Wartung und Transport der elektrischen Energie sind technisch nicht unlösbar, aber kaum bezahlbare Probleme. Ohne Energieeinspeisegesetz, das Ökostrom begünstigt, wäre Windkraft wohl unrentabel. Oder ökonomisch gesprochen: eine Fehlallokation von Produktionsfaktoren – eine Verschwendung volkswirtschaftlicher Ressourcen.

Es ist bezeichnend, daß die Einwände gegen erneuerbare Energien und Klimaspekulationen von einem 90jährigen Physiker vorgetragen werden, der aus der Materialforschung kommt. Gustav Krüger hat sein Berufsleben in der baden-württembergischen Uhren- und Elektroindustrie verbracht und blickt mit der ideologisch ungetrübten Brille des Naturwissenschaftlers auf die Energiequellen der Zukunft.

Seine Wirkungsgradberechnungen ernüchtern, etwa was die Photovoltaik in Deutschland betrifft. Der geringe Sonneneinfall am 51. Breitengrad, unkalkulierbare Wartungs- und Entsorgungskosten, Flächenverbrauch – die Gesamtenergiebilanz würde zeigen, daß sich Solargroßanlagen nur deshalb lohnen, weil Energieunternehmen zur Abnahme des Solarstromes für 50 Cent pro Kilowattstunde verpflichtet sind.

Krüger stellt in seinem Band über Kernkraft, Kohle und Klima die richtigen Fragen an die Apologeten der Klimawende, denen die Gesetze der Thermodynamik fremd zu sein scheinen. Man dürfe sich nicht blenden lassen: Die Energiepreise sind in Deutschland durch die „Energiewende“ gestiegen und liegen über denen in Frankreich, Belgien oder Großbritannien. „Grüne“ Technologien wie Solarzellen werden zunehmend in China gefertigt. Die energiepolitische Souveränität Deutschlands stehe auf dem Spiel, nur weil man fossile Brennstoffe für klimaschädlich und Atomkraftwerke für Umweltkiller hält.

Aber die Vermeidung von Kohlenstoffdioxid kostet Geld: 50 Euro pro Tonne des Gases bei Windkraft, 250 Euro bei Solarenergie. Krüger referiert die technisch komplizierten Zusammenhänge schlicht, gerade und leserfreundlich. Kleine Irrtümer – zum Beispiel seine Überschätzung des Weltbevölkerungswachstums – wird man ihm nachsehen können.

Gustav Krüger: Kernkraft – Kohle – Klima. Energiewende nachgefragt. Verlag Books on Demand, Norderstedt 2010, 135 Seiten, broschiert, 11,90 Euro

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