© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/11 28. Januar 2011

Haltungsnote
Der Jackpot des Innenministers
Tilmann Wiesner

Man muß Mitleid zeigen in dieser Welt – vor allem, wenn es um vermeintlich christlich-konservative Politiker geht. Einen Kübel voll Mitgefühl möchte man über den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann ausgießen. Herrmann gehörte als früherer Chef der CSU-Landtagsfraktion zu den Profiteuren des Sturzes von Edmund Stoiber. Im Oktober 2007 übernahm er als Nachfolger von Günther Beckstein das Innenressort. Seither versucht er sein eher liberales Weltbild als Law-and-Order-Politiker konservativ überzutapezieren. Doch sein eigen Fleisch und Blut machte ihm vor kurzem einen Strich durch die Rechnung.

Sohn Jakob – 18jähriger Gymnasiast in Erlangen, dem Heimatort Herrmanns – hatte im Internet ein Video veröffentlicht, das ihn als Gangster-Rapper „Jackpot“ auswies. Der wenig originelle Sprechgesang von Hermanns Filius kreist um Themen wie Gewalt, Sex, Alkohol und Drogen – also jene Dinge des Lebens, die der Papa als Innenminister möglichst lange von der Jugend fernhalten möchte. Natürlich fehlt nicht das in den Niederungen dieses Genres obligate „F-Wort“, berichtete die Münchener Abendzeitung nicht frei von Häme. Ihre Reporter hatten einfach das Facebook-Profil des Rappers überprüft, das auf den prominenten Vater verwies.

Mittlerweile ist das Video gelöscht. Es wirft aber ein trübes Licht auf die laxe Erziehungspraxis des Möchtegern-Hardliners. Während Herrmann senior gegen gewaltverherrlichende Videospiele und Komasaufen zu Felde zieht, macht Junior postpubertäre Vergewaltigungsfantasien öffentlich. Hier wäre eine Maulschelle angebracht. Sie wird wohl ausbleiben. Wie sang der Sohnemann doch treffend: „Macht nicht auf hart, ihr seid keine wahren Gangster. Ich will Puppen auf dem Tresen, so wie Spielzeughändler.“

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