© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/11 28. Januar 2011

Der einzige wahrhaftige Kronprinz
Niederlande: Martin Bosma – Die rechte Hand des islamkritischen PVV-Chefs Geert Wilders
Mina Buts

Mit einem halben Laib Brot fängt die Geschichte des Mannes hinter Geert Wilders an. Martin Bosma, ein bis dahin eher unauffälliger Journalist, war gerade auf dem Weg zum Bäcker in der Amsterdamer Linnaeusstraße, um ein solches zu kaufen, als der niederländische Filmemacher Theo van Gogh, der wegen seiner antiislamischen Filme bekannt geworden war, just in diesem Moment in dieser Straße von einem Marokkaner umgebracht wurde.

Es war der 2. November 2004. Für Bosma, der sich erst vor wenigen Wochen dem islamkritischen Politiker Geert Wilders angeschlossen hatte, ein Schlüsselerlebnis. Wilders selbst war gerade erst aus der liberalen Partei VVD ausgeschlossen worden, weil er seine Vorbehalte gegen einen möglichen türkischen Beitritt zur EU angemeldet hatte. Mit den Ereignissen des 2. Novembers war für Bosma der Beweis erbracht, daß seine Entscheidung für  Wilders richtig gewesen war.

Martin Bosma, Jahrgang 1964,  studierte in Amsterdam Politkwissenschaften, legte an der New Yorker New School for Social Research noch einen Abschluß als Soziologe obendrauf, um dann bei verschiedenen amerikanischen Sendern, wie ABS und CNN zu arbeiten. Erst Anfang der 1990er Jahre kehrte er wieder in die Niederlande zurück, wo er in einem Zimmerchen über dem „Cafe de Kroon“ für den Amsterdamer Lokalsender SALTO ein Diskussionsprogramm gestaltete.

Jeden Samstag gab es dort ein Stelldichein von Politikern, Künstlern und Journalisten, und seine damalige Lebensgefährtin Marjet van Zuijlen, zu der Zeit Abgeordnete der sozialdemokratischen PvdA, urteilte über Bosma: „Er war ein schrecklich netter Junge, sehr klug, sehr ‘witty’.“ Sie ist nicht die einzige, für die sein späterer Übertritt zur radikal antiislamischen Partei für die Freiheit (PVV) eine vollkommene Überraschung ist. 2001 wurde Bosma Chefredakteur des niederländischen Senders NRG (Niederländische Radiogruppe) und einer seiner ersten Ankäufe war ein Format mit dem Namen „Colourful Radio“, ein Programm speziell für junge Migranten.

Mit dem Attentat auf die Twin-To-wers am 11. September 2001, für ihn ein „großer Schock“, beginnt Bosmas konservative Wende. Seither hängt in seinem Büro ein Bild der zwei Türme mit der Aufschrift „God bless America“. Der 11. September und der Mord an van Gogh sind für Bosma der Beweis, „wie ernst die Lage ist. Der Krieg des Islam ist bereits seit 1.400 Jahren im Gange.“

Nach seinem letztendlich erfolglosen Engagement bei NRG schließt sich Bosma 2004 der „Group Wilders“ an. In seinem 2010 erschienenen Buch „Die Scheinelite der Falschmünzer. Drees, extrem rechts, die Sechziger, nützliche Idioten, Group Wilders und ich“ schildert er die bescheidenen Anfänge seiner politischen Arbeit als rechte Hand von Wilders mit einem monatlichen Gehalt von 500 Euro, einem kleinen Büro und drei Pappkartons mit Unterlagen aus Wilders VVD-Zeit.

Seinen Chef schildert er als Aktenfresser, der alle wichtigen Parlamentsdebatten persönlich verfolge, bei keiner Abstimmung fehle und für den, weil in seiner Bewegungsfreiheit durch ständige Bewachung eingeschränkt, das Internet das wichtigste Forum überhaupt sei.

Bosma stellt sich noch immer gegen eine Demokratisierung der PVV, deren Vorsitzender und einziges Mitglied Geert Wilders ist, und verteidigt den massiven Personenschutz für Wilders. Er gilt als die intellektuelle Kraft hinter Wilders, legt auch die ideologische Marschrichtung fest und ist dessen ständiger Reisebegleiter. Auch die Kontakte in die USA und nach Israel sind maßgeblich von ihm angebahnt worden. Israel wird von beiden als Bastion gegen den islamistischen Vormarsch gesehen – Bosma hat ein Bürofenster mit einer Israelfahne verhangen und ebenso wie Wilders einige Zeit in einem Kibbuz verbracht.

Die „Scheinelite der Falschmünzer“ kann fast als eine Art niederländisches „Deutschland schafft sich ab“ gelesen werden. Die Mentalitätsgeschichte der vergangenen fünfzig Jahre wird hier aufgeblättert, und Bosma zieht eine Entwicklungslinie von den Linksintellektuellen der Achtundsechziger- Generation über die links dominierten Medien hin zum Vormarsch des Islamismus in den Niederlanden. Er beklagt den Umgang mit Willem Drees und dessen Sohn, ehemalige Sozialdemokraten der PvdA, die wegen ihrer Bedenken gegen die Zuwanderung schon in den siebziger Jahren als rassistisch und rechtsextrem diffamiert wurden und bricht sogar eine Lanze für den späteren Rechtsaußen Hans Janmaat, den ehemaligen Vorsitzenden der rechtsnationalen Centrumpartij, dessen Partei in den 1980er Jahren systematisch unterwandert worden war.

Bosma schildert die vergeblichen Versuche, seit den 1970er Jahren das Thema Einwanderung auf die Tagesordnung der Politik zu bringen, kreidet dies den linken Netzwerken an und liefert eine erste Binnensicht der PVV. Er konjugiert alle relevanten niederländischen Gruppen durch und zeigt dabei ihre Beeinflussung durch die Altachtundsechziger, um gleichzeitig festzustellen, daß an der Basis die Stimmung eine ganz andere ist. 70 Prozent der Polizisten, so Bosma, stimmten für seine Partei, obwohl die Polizeiführung deutlich gegen die PVV eingestellt sei.

Das multikulturelle Zusammenleben, so schlußfolgert Bosma, sei das Ergebnis einer Aushöhlung der Demokratie und überhaupt erst dadurch möglich geworden. Und er konstatiert, daß die Einführung der Scharia immer einfacher gemacht werde.

Bosma, der selbst nie in Erscheinung tritt, ist der Mann hinter Geert Wilders und dabei gleichzeitig, so die niederländische Zeitung De Pers, dessen „einzig glaubwürdiger Kronprinz“.

Martin Bosma: Die Scheinelite der Falschmünzer. Verlag Uitgeverij Prometheus, Amsterdam 2010, 376 Seiten, Paperback, 19,95 Euro (Niederländisch)

Foto: Geert Wilders und Martin Bosma (r.) beraten sich im Wandelgang des niederländischen Parlaments in Den Haag: Bosma gilt als intellektueller Kopf hinter Wilders

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