© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/11 28. Januar 2011

Julia Klöckner will im März Kurt Beck stürzen. Zu früh – doch ihre Stunde könnte kommen
Frau von übermorgen
Paul Rosen

Mit Kurt Beck würde sie gerne tauschen, verriet Julia Klöckner dem Focus. Das ist in der Tat der Traum der 38jährigen CDU-Politikerin, die derzeit den Bundestagswahlkreis ihrer Vaterstadt Bad Kreuznach vertritt und am 27. März bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz das SPD-Urgestein als Ministerpräsidenten ablösen möchte. Vermutlich klappt das nicht, weil ein Platzhirsch wie Beck nicht in der ersten Runde zu erledigen ist. Da bedarf es schon mehrjähriger Oppositionsarbeit, auch um die darniederliegende CDU in Helmut Kohls Heimatland wieder auf Vordermann zu bringen.

Zuletzt hatte Christoph Böhr, ein CDU-Nachwuchsmann aus dem „Anden-Pakt“, sich an der sozialdemokratischen Hochburg abgearbeitet – ohne Erfolg. Böhr verschwand in der politischen Versenkung, nicht ohne seinem Landesverband einen dicken Finanzskandal mit Strafzahlung von 1,2 Millionen Euro zu hinterlassen. Klöckner gab an, nichts gewußt zu haben und warf Böhr vor, er habe sie hinters Licht geführt. Am Wahlergebnis im März wird man auch ablesen können, ob die Version bei den Wählern ankommt oder ob sie Klöckner dafür abgestraft haben.

Die Theologin, Politologin und ehemalige Weinkönigin, unverheiratet und kinderlos, ist in Berlin in den letzten Jahren nicht besonders aufgefallen. Da sie aus einer landwirtschaftlichen Gegend stammt, steckte ihre Fraktion sie in den Landwirtschaftsausschuß. Seit dem Beginn der christlich-liberalen Koalition gehört „Merkels Mädchen“ (Christ und Welt) als Staatssekretärin zu Ilse Aigners Landwirtschaftministerium, einen Posten, den sie nun quittiert, um sich auf den Wahlkampf zu konzentrieren.

In der Union versuchte sich Klöckner zuletzt etwas mehr in die konservative Richtung zu profilieren. Sie gehört zu der knappen Parteitagsmehrheit, die die Präimplantationsdiagnostik (PID) ablehnte. „Für mich ist klar: Menschliches Leben beginnt mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle und ist von diesem Moment an unbedingt schutzwürdig. Wir alle haben so begonnen“, sagte sie der katholischen Tagespost. Auch geißelte sie einen Vorschlag des Mainzer Bildungsministeriums, aus Rücksicht auf muslimische Schüler den Schwimmunterricht nach Geschlechtern getrennt durchzuführen. „Dies wäre ein Rückschritt in die graue Vorzeit“, kommentierte sie die Aktion. Vorwitzig ging sie zudem unlängst mit der Forderung nach „Familiy Mainstreaming“ als Antwort auf das „Gender Mainstreaming“ in die Offensive. Wer’s glaubt wird selig – aber immerhin.

Klöckner gehört damit zu den wenigen CDU-Frauen mit konservativem Einschlag. Das reicht auf jeden Fall für einen guten Nischenplatz im Politikbetrieb – eines Tages vielleicht auch für mehr.

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