© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/11 21. Januar 2011

Frisch gepresst

Deutsche Minderheit. Von 1926 bis zu ihrem Untergang im Herbst 1939 war die Republik Polen eine Militärdiktatur, aggressiv nach außen gegenüber ihren Nachbarn, repressiv nach innen gegenüber ihren deutschen, jüdischen, litauischen, ukrainischen Minderheiten. Neben den Ukrainern hatten die Deutschen am härtesten unter der Warschauer Unterdrückungspolitik zu leiden. Deren Schicksal ist heute nahezu vergessen. Wachgehalten haben es Zeithistoriker, die sich einem scheinbaren Randgebiet zuwandten, das tatsächlich aber im Mittelpunkt des gegen ihre deutschen Staatsbürger ausgefochtenen „Nationalitätenkampfes“ der Polen stand: die Schulpolitik. Nach Peter E. Nasarskis Sammelband über das Lodzer Deutsche Gymnasium (1981), der großen Fallstudie Horst-Dieter von Enzbergs über die Goethe-Schule in Graudenz (1994) und vielen kleineren Schulgeschichten bietet Ingo Esers mächtige Marburger Dissertation über das Schulwesen der deutschen Minderheit in Polen zwischen 1918 und 1939 nun das Standardwerk zum Thema. Eser ist bemüht, ein „etwas differenzierteres Bild“ nicht nur vom – allerdings nur gestreiften – „polnischen Terror“ gegen deutsche Schüler und Lehrer im Sommer 1939 zu liefern, sondern auch die Chronik der Warschauer Diskriminierungen, die lange vor 1939 auch immer in offene Gewalt umschlugen, in den Kontext der deutsch-polnischen Beziehungsgeschichte einzubetten. (ob)

Ingo Eser: „Volk, Staat, Gott!“ Die deutsche Minderheit in Polen und ihr Schulwesen. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2010, gebunden, 771 Seiten, Abbildungen, 59 Euro

 

Im Krieg. „Wir kamen, um zu helfen und erlebten den perfiden Terror.“ Ernüchtert über die ernstgenommene Sprachregelung, die bis 2010 in der Bundeswehr über den Afghanistan-Einsatz verbreitet wurde, schildert der Zweibrücker Fallschirmjäger Robert Eckhold seinen Einsatz im Herbst 2008 am Hindukusch. Packend vermittelt der Stabsunteroffizier die Perspektive der kämpfenden Truppe zwischen Lagermonotonie und gefährlichen Patrouillen in vermintem Gelände nebst Sprengstoffattentaten – anders als viele Reportagen meist „eingebetteter Journalisten“. „Kleinere Erfolge für die Infanteristen“, beklagt Eckhold, dürften aber „aus Gründen der Geheimhaltung“ in Deutschland „nicht medienwirksam“ werden, was den Frust in der Truppe nur noch vergrößert. (bä)

Robert Eckhold: Fallschirmjäger in Kunduz. Command Verlag, Limbach-Oberfrohna 2010, broschiert, 298 Seiten, Abbildungen,  19,80 Euro

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