© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/11 21. Januar 2011

Grüße aus Rom
Daumen hoch
Paola Bernardi

How lovely“, schmachtet die füllige Amerikanerin, als der gut gebaute „Gladiator“ in voller Rüstung sie vor der prachtvollen Kulisse umarmt, während ihr Mann aus Kentucky wie besessen Fotos schießt. Gladiatoren und römische Zenturionen tummeln sich vom frühen Morgen bis zum späten Abend in Rom vor dem berühmtesten noch erhaltenen Bauwerk der klassischen Antike: dem Kolosseum. Es ist ein blühendes Gewerbe, das diese kräftigen römischen Jungmänner betreiben; immer wieder kommt es zu Revierkämpfen, und die Carabinieri müssen einschreiten.

Kein Gebäude auf der Welt löst bis auf den heutigen Tag soviel Emotionen und Meinungsverschiedenheiten aus wie das Kolosseum: Jährlich besuchen drei Millionen Touristen diesen Ort und erleben dieses antike Theater in einem Gefühlschaos zwischen Romantik, Respekt vor der baulichen Leistung und gruseligem Schauer.

Die Bauarbeiten des Kolossalbaues begannen im Jahre 72 nach Christus unter Kaiser Vespasian. Den grausamen Spektakeln konnten bis zu 87.000 Menschen beiwohnen. Es gab blutrünstige Gladiatorenkämpfe mit wilden Tieren und menschliches Gemetzel, christliches Märtyrertum und Herrschergelüste: Daumen hoch oder runter. Der Tod galt nichts im Altertum; das Sterbenkönnen hingegen viel, so viel, daß es zum theatralischen Spektakel des Popolo Romano wurde.

Doch während sich die Tourismusbranche eine goldene Nase verdient, stöhnt das italienische Kultusministerium, in dessen Obhut die Pflege aller Altertümer liegt, immer lauter. Denn nicht nur die Mauern von Pompeji krachen – auch das Kolosseum bröckelt. Also kam man auf die Idee, einen internationalen Aufruf zu starten, um private Gelder für die Restaurierung aufzutreiben. Am 1. November endete der Appell: Doch niemand hatte sich gemeldet. Das Kolosseum schien abgeschrieben.

 Doch da meldete sich der italienische Schuh-Produzent Diego Della Valle, dem die bekannten Noppenschuhe Tod‘s zu verdanken sind. Er stellt 25 Millionen Euro für die gesamten Restaurierungkosten des Kolosseums bereit. „Wer viel hat, muß auch viel geben“, zitiert er seine Großmutter. Das Kolosseum gehöre der Allgemeinheit und sein Unternehmen repräsentiere das „Made in Italy“ in der Welt und sei daher gefordert. Der Unternehmer ist kein Römer, sondern stammt aus Sant Elpidio a Mare bei Ancona.

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