© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/11 14. Januar 2011

Frank Henkel soll das Unmögliche gelingen: die Berliner CDU wieder zum Erfolg zu führen
Der dritte Mann
Clemens Taeschner

Mein Glaube gibt mir Kraft“, bekennt Frank Henkel und es klingt wie ein Opfergang. Anfang der Woche erklärte der CDU-Fraktions- und Landesvorsitzende offiziell, als Spitzenkandidat zur Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses am 18. September anzutreten. Nicht nur, daß das Unterfangen nach Lage der Dinge aussichtslos ist – die einst mächtige Hauptstadt-CDU dümpelt seit langem um die zwanzig Prozent. Die Wahl gilt zudem bereits als Duell der Schwergewichte Klaus Wowereit und Renate Künast – und die Polit-Dickhäuter lassen kaum Platz für Leichtgewicht Henkel, den „unbekannten Dritten“ (Berliner Morgenpost), den selbst viele Berliner nicht kennen.

Dabei wäre er persönlich vielleicht keine schlechte Wahl:  Nicht nur, daß der Mut der Verzweiflung, mit dem Henkel bereit ist, sich für seine Partei in die Schlacht zu werfen, Sympathie weckt, Henkel hat auch etwas, was seinen glücklosen Vorgängern, Frank Steffel, der sich 2001 als „Kennedy von der Spree“ in Szene zu setzen versuchte, sowie dem 2006 importierten Nieder-sachsen Friedbert Pflüger abging: Beide galten nicht als authentisch. Anders Henkel, wie ihm die Hauptstadt-Medien wie auch die Parteibasis bestätigen.

Es ist vor allem seine Ost-West-Biographie, die ihn zu einem echten Berliner macht: 1963 im Ostteil geboren, kommt er 1981 mit seinen Eltern in den Westen der Stadt, zeigt sich als überzeugter Antikommunist und Gesamtberliner und entspricht damit dem lange in West-Berlin beliebten Typus des aufrechten Frontstädters. Ab 1985 engagiert sich der Groß- und Außenhandelskaufmann für die CDU, leitet schließlich bis zu dessen Fall 2001 das persönliche Büro des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU) in der Senatskanzlei. Dann folgt der Absturz der Partei und für Henkel beginnen noch einmal die Mühen der Ebene. Erneut arbeitet er sich hoch, bis er 2008 Landes- und Fraktionschef wird und obendrein Mitglied des CDU-Bundesvorstands.

Doch ein konservativer Typus allein macht noch keine konservative Politik, wie sich etwa an dem 2009 verkündeten Integrationskonzept der Partei zeigt. Als der Vize-CDU-Landeschef und Werbefachmann Thomas Heilmann erklärt: „Wir brauchen den Islam“, pflichtet ihm Henkel höflich bei: „Damit hat er recht.“ Den CDU-Rebellen und konsequenten Islamkritiker René Stadtkewitz, der nun im September mit der an Geert Wilders Freiheitspartei angelehnten Formation „Die Freiheit“ antritt (JF 42/10), entfernt Henkel aus der Partei. Die CDU will er zur modernen Großstadtpartei machen und übt das Spielen auf der Jamaika-Balalaika: Um Wowereit abzuwählen wäre Henkel auch bereit, Juniorpartner von Künasts Gnaden zu sein. Ausgerechnet die kampferprobte Berliner CDU als Steigbügelhalter der Grünen? Dann allerdings folgte den Demütigungen der Niederlagen auch noch die der Selbstaufgabe.

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