© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/11 07. Januar 2011

Genossenhilfe
Namibia: Der Einfluß Nordkoreas und Chinas wächst
Wolfgang Kaufmann

Flugreisende nach Windhuk, der Hauptstadt Namibias, wundern sich in der Regel über zwei Dinge: Zum einen entzieht sich jedwedem Verständnis, wieso gerade die notorisch unpünktliche und serviceschwache Air Namibia zur besten regionalen Fluglinie gekürt wurde. Zum anderen erstaunen die vielen stillen Herren im schwarzen Zwirn, welche die Businessklasse bevölkern und irgendwie allesamt den Eindruck erwecken, als kämen sie geradewegs von einer Ehrentribüne in Pjöngjang. Doch genau das kann sogar stimmen, denn es handelt sich hier zumeist um Führungskräfte des nordkoreanischen Staatskonzerns Mansudae Overseas Projects (MOP), der in Namibia einen teuren Prachtbau nach dem anderen in die Höhe zieht.

An erster Stelle zu nennen wäre dabei das State House der Republic of Namibia, ein riesiger Gebäudekomplex im kitschigsten realsozialistischen Stil (mit Kunststofftieren auf den Freiflächen!), in dem Präsident Hifikepunye Pohamba und seine Regierung residieren. Ebenso errichtet MOP das mittlerweile zu einiger Berühmtheit gekommene Unabhängigkeits-Gedenkmuseum in Windhuk, dem bereits das deutsche Reiterdenkmal weichen mußte (JF 48/10). Und in Okahandja, einer Hochburg der Herero, werkeln die Koreaner am natürlich ebenfalls dringend benötigten Militärmuseum.

Daß die fortlaufenden Zuschläge für den Konzern aus dem „Land des ruhigen Morgens“ nichts mit der überragenden Qualität seiner Produkte zu tun haben können, zeigt sich am „Heldenacker“, dem pompösen Kriegerdenkmal vor den Toren der namibischen Hauptstadt, welches bereits 2002 fertiggestellt wurde und mittlerweile auffällig zu bröckeln beginnt. Vielmehr wird mit dem fortlaufenden Zuschanzen von lukrativen Bauaufträgen eine alte Schuld abgetragen, welche die seit Beginn der Unabhängigkeit durchregierende SWAPO in den Jahren des Kampfes gegen Südafrika aufgehäuft hat. Seit dem Jahr 1990 ist Zahltag für all jene, welche der namibischen Befreiungsbewegung einstmals mit Waffen und anderen Wohltaten unter die Arme gegriffen hatten und nun – im Gegensatz zur untergegangenen DDR beispielsweise – noch in der Lage sind, die alten Rechnungen für die „internationalistische Hilfe“ zu präsentieren.

Dabei schlägt man in Windhuk zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen vermag Namibia mit den ohne jede Ausschreibung erteilten Aufträgen an MOP, seinen größten noch existenten Unterstützer zu saturieren, zum anderen kann sich die SWAPO mit den Bauten selbst feiern. Was kümmern da schon eine Arbeitslosenquote von satten 50 Prozent oder eine AIDS-Rate von 18 Prozent?!

Ebenfalls kein Anlaß zu mehr Bescheidenheit ist das Haushaltsdefizit, welches sich im laufenden Rechnungsjahr auf 6,3 Milliarden namibische Dollar beläuft. Immerhin fließen ja massenhaft Entwicklungshilfegelder in den südwestafrikanischen Staat. So hat allein Deutschland – natürlich aufgrund seiner „besonderen historischen Verantwortung“ – seit Ausrufung der namibischen Unabhängigkeit vor 20 Jahren 600 Millionen Euro in das extrem dünn besiedelte Land gepumpt. Und daran wird auch die aktuelle Finanzkrise nichts ändern, wie das Auswärtige Amt und das Entwicklungshilfeministerium unisono versicherten.

Vielmehr verspricht der Geldstrom aus Berlin sogar noch mächtiger zu werden, nachdem der namibische Finanzminister Saara Kuugongelwa-Amadhila und der deutsche Botschafter Egon Kochanke im Oktober 2010 ein Abkommen über finanzielle Zusammenarbeit unterzeichneten.

Wer freilich glaubt, die deutsche Wirtschaft würde dadurch bessere Chancen in Namibia erhalten, ist auf dem Holzweg. Statt dessen beginnen nun vermehrt Chinesen in die Fußstapfen der Koreaner zu treten. Wie man aus gut informierten Kreisen in Windhuk hören kann, habe dies neben der allfälligen Verschwendung dazu geführt, daß die skandinavischen Geberländer ihre Geduld verloren und Entwicklungshilfegelder einfroren.

Foto: Baustelle des Unabhängigkeitsmuseums Windhuk: Der Neubau verdrängte das deutsche Reiterdenkmal von historischer Stelle

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