© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/10 17. Dezember 2010

Haltungsnote
Hausfrauenbier
Christian Schwiesselmann

Himmel voller Geigen. Juliane K., 30 Jahre, Hausfrau, Mutter von zwei Kindern und Gaffelfreundin.“ Mit diesem Spruch und einer adretten jungen Frau bewirbt die Kölner Privatbrauerei ihr Traditionsbier. „Kölsch“ ist zwar unter Bierkennern als Frauenbier verrufen; die sozialpolitischen Implikationen des Begriffs „Hausfrau“ sind jedoch kein „Dünnbier“.

Die Ächtung dieser hochanständigen weiblichen Existenzform hat eine lange Geschichte. Im deutschen Nachkriegselend waren die Hausfrauen als „Trümmerfrauen“ wohlgelitten. Schweriner CDU-Politiker zum Beispiel hatten sich 1945 für höhere Lebensmittelzuweisungen an Hausfrauen eingesetzt, weil diese im Vergleich mit Büroangestellten stärker belastet seien.

In der Bundesrepublik war solcherlei Fürsorge gegenüber Hausfrauen schon lange vor Ursula von der Leyen politisch obsolet. Die feministischen Attacken der 1970er Jahre gegen das „Heimchen am Herd“ und der Siegeszug des ökonomischen Kalküls in den 1980er und 1990er Jahren haben für den „Lebensentwurf“ der nichtberufstätigen Mutter nur Hohn und Spott übriggelassen. Allenfalls in Haushaltsdebatten hört man noch das Lob der „schwäbischen Hausfrau“, die wisse, daß man jeden Cent nur einmal ausgeben könne.

Daß ausgerechnet eine Kölschbrauerei mit einer deutschen Hausmutter wirbt, spricht für – beinahe konservativen – Weitblick. Denn die Zukunft des deutschen Brauereiwesens liegt in der Hand des zukünftigen Biertrinkers und der ist unter glaubensfesten Muslimen selten. Auch sonst bewahren die Werbefachleute der Privatbrauerei Augenmaß. Statt zum ungehemmten Konsum aufzurufen, heißt es mäßigend auf der Netzseite: „Kölsch bewußt genießen. Maßvoll statt Maß voll“.

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