© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/10 17. Dezember 2010

Unter Liberalen
Jan Fleischhauer zu Gast bei der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit
Billy Six

Sie wissen, wir schreiben im Journalismus oft über Dinge, über die wir wenig oder gar nichts verstehen.“ Bereits für die erste Äußerung erntet Jan Fleischhauer skeptische Blicke. Der 48jährige muß es wissen: Seit 1989 ist er Redakteur beim Spiegel.

Ende November ist er auf einer Tagung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit eingeladen. Thema: „Die Zukunft des Lokaljournalismus“. Gäste sind Nachwuchsjournalisten aus ganz Deutschland. Mehr als zwei Stunden steht er Rede und Antwort über seinen Beruf. Es herrscht reges Interesse an den handwerklichen Kenntnissen, aber wenig Begeisterung über Fleischhauers aktuelles Buch: „Unter Linken – Von einem, der aus Versehen konservativ wurde“.

Fleischhauer wundert es nicht weiter. Er weiß: Die Medienbranche zieht mehr linke Moralisten und Prediger an als andere Berufe. „Tatsächlich sitzen Linke am liebsten dort, wo entschieden wird, wie die Dinge zu sehen und zu bewerten sind“, sagt er. Doch Fleischhauer hat auch ganz egoistische Motive linker Gutmenschen ausfindig gemacht: Solange man sich zugute halten könne, nie „über Leichen gegangen“ zu sein, sei jeder persönliche Mißerfolg erklärbar. Für ihn und seine Kollegen scheint das nicht zu gelten. Er wollte zwar sein eigenes Gehalt nicht nennen, sagte aber, 150.000 Euro Jahresgehalt seien für einen guten Redakteur drin. Der Journalistennachwuchs staunte.

Das Gespräch verläuft sachlich. Fleischhauer erntet kaum Widerspruch von seinen Zuhöhern. Nur in einer späteren Pause findet ein junger taz-Mitarbeiter: „Ein bißchen arrogant ist der Fleischhauer aber schon – so darf man das eigentlich nicht machen.“ Ob er noch so denkt, falls er eines Tages 150.000 Euro im Jahr verdient?

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