© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/10 17. Dezember 2010

Eurokrise bedroht auch Lebensversicherer und Pensionskassen
Privatrente wird unsicher
Jens Jessen

Die Eurozone verkommt zu einer Transferunion. Und mit jeder Rettungsaktion für ein EU-Krisenland verschlechtert sich gleichzeitig die Kreditwürdigkeit Deutschlands. Die Milliarden-Bürgschaften verursachen derzeit zwar noch keine schlaflosen Nächte bei den Politikern, denn bluten müssen im Ernstfall die Steuerzahler. Die EU-Politiker geben in der jetzigen Krisensituation ein Bild der Orientierungslosigkeit ab.

Wenn die Bürger für dieses Mißmanagement dann wirklich bezahlen müssen, wird auch die Situation für die Verursacher der Krise – die Banken und ihre Lobbyisten in der Politik – schwierig. Bisher wurden alle wirksamen Maßnahmen feige vermieden. Die Banken streichen mit billigem Zentralbankgeld weiter Gewinne aus risikoreichen Anlagen ein – und laden Verluste beim Staat ab. Ohne Umschuldung und teilweisen Forderungsverzicht (Haircut) wird die Milliardenhilfe für Irland, Griechenland & Co. auf Dauer nur zum Scheitern der Rettungsaktionen führen. Der Weg der Europäischen Zentralbank (EZB), Anleihen der Krisenländer zu kaufen, gefährdet die Stabilität der Eurozone. Die EZB hat keine unbegrenzten Mittel, es sei denn die EU-Staaten ließen sich von ihr melken. Damit würden die letzten Stabilitätsgrundsätze der Währungsgemeinschaft dann endgültig aufgegeben.

All dies gefährdet auch die Lebensversicherer (LV) und Pensionskassen. Damit gerät die von der Politik propagierte private Altersvorsorge ins Wanken. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft haben die LV über 636 Milliarden Euro in diverse Schuldpapiere investiert. Zwar sind nur 15 Prozent davon in Staatsanleihen und -darlehen investiert, aber über Pfandbriefe und Fonds halten die Assekuranzen indirekt weitere Staatsschulden. In der betrieblichen Altersvorsorge verwalten 153 Pensionskassen etwa 112 Milliarden Euro – mit einer vergleichbaren Anlagestruktur.

Deutsche Bundesanleihen haben noch bis November von ihrem Status als sicherer Hafen profitiert. Das hat sich inzwischen geändert, da Deutschland nun immer höhere Transferzahlungen an schwächere Euro-Länder leisten muß. Dadurch nimmt die deutsche Bonität ab.

Je mehr Länder Transferleistungen zu günstigen Konditionen für sich beanspruchen, desto höhere Zinsen muß Deutschland dem Finanzmarkt bieten. Weil höhere Renditen aber Kursverluste bei Staatspapieren verursachen, fahren LV und Pensionskassen Verluste ein. Ob die höheren Nominalrenditen auch reale Renditen einbringen, hängt von der Inflationsrate ab. Bei starker Inflation sind LV-Kunden die Verlierer. Das ließe sich vermeiden, so der Vermögensverwalter Alexander Seibold, wenn die gemeinsame Währungsunion aufgespalten würde: in einen harten und wieder attraktiven Kern-Euro und einen weichen Euro der EU-Defizitländer.

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