© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/10 10. Dezember 2010

Zeitschriftenkritik: Brand eins
Auf die Familie kommt es an
Thorsten Thaler

Werbung unter familienpolitisch korrekten Vorzeichen geht in Deutschland anno 2010 so: Man bilde zwei junge Frauen mit einem Kind ab und texte dazu den vermeintlich frechen Slogan „Berlin ist, wenn eine Familie nicht aussehen muß wie eine Familie.“ Dieses Anzeigenmotiv verwendet seit August die unter einer sinkenden Auflage notleidende Berliner Morgenpost für eine Imagekampagne – und offenbart damit ungewollt das verquere Frauen- und Familienbild in der Werbung.

Diese Ansicht vertritt der Werbefachmann Klaus Brandmeyer in einem Interview in der aktuellen Dezember-Ausgabe des Wirtschaftsmagazins Brand eins, das sich dem Themenschwerpunkt „Familie“ widmet. Die Werbung des Springer-Blatts werde nicht funktionieren – „wie das homosexuelle Paar mit den Nudeln. Das sind alles Hirngespinste von Kreativen, die Minderheiten auf die Weltbevölkerung hochrechnen“, erklärt der Markenberater. Eine Untersuchung, bei der höchst unterschiedlichen Frauentypen Bilder von Prinzessinnen vorgelegt und die Reaktionen per Hautwiderstandsmessung aufgezeichnet wurden, habe gezeigt, daß alle Frauen, egal wie sie sich zuvor eingeordnet hatten, gleich stark auf die Bilder reagiert hätten. „Das sind Archetypen, genauso wie die Mutter und die Familie“, meint Brandmeyer. Es gebe eine große Sehnsucht nach Familie als älteste und „vermutlich stabilste Form der Lebensgemeinschaft, die es gibt – weltweit“. Sie stehe für Verläßlichkeit und letzte Sicherheit. „Am Ende hast du nur die Familie“, zitiert Brandmeyer den Volksmund.

In einem weiteren Interview erläutert der Münchner Soziologie-Professor Armin Nassehi das traditionelle bürgerliche Familienbild: Familie sei etwas Kontinuierliches, langfristiger angelegt als der Rest der Gesellschaft, eine lebenslange Gemeinschaft. „Da ist der Staat, eine sich ändernde und immer ein wenig unzuverlässige Gesellschaft, und hier ist die Familie – der Fels in der Brandung.“ Heute seien die Familien zwar nicht mehr so stabil, wie sie das einmal waren. Aber das „Modell Familie“ verschwinde nicht. Alle sozialutopischen Ideen hätten ein Problem damit, weil sie Familie als „natürliches Gegenmodell zur Gesellschaft verstehen. Wer die Gesellschaft verändern will, der muß die Leute in die Gesellschaft holen – und das heißt immer: raus aus der Familie. Diese Leute sind stark daran interessiert, daß zum Beispiel Kinder und Schulen und Gruppen reinkommen, die der Staat organisiert und kontrolliert. Die Familie soll ihre Macht nicht ausüben können“, sagt Nassehi.

Andere Beiträge in Brand eins innerhalb des Themenschwerpunktes befassen sich mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, familienfreundlichen Arbeitszeiten, Erziehungsfragen („Das outgesourcte Kind“), der Verköstigung mit tiefgekühlten Fertigmenüs in Ganztagsschulen und Kitas („Eiskalte Geschäfte“) und den für Familien ausgegebenen Steuermilliarden, die ihr erklärtes Ziel verfehlten („Geld kriegt keine Kinder“).

Kontakt: Brand eins, Speersort 1, 20095 Hamburg, Telefon: 040 / 32 33 16-0. Das Einzelheft kostet 7,60 Euro, ein Jahresabo 79,80 Euro. www.brandeins.de

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen