© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/10 10. Dezember 2010

Industrielle Transformation
3. Internationale Energie- und Klimakonferenz: Heftige Kritik am Energiekonzept der Bundesregierung
Klaus Peter Krause

Das Energiekonzept der schwarz-gelben Bundesregierung führt zur Deindustrialisierung Deutschlands und verschwendet Hunderte von Milliarden Euro – wenn es tatsächlich so verwirklicht würde, wie es vom FDP-geführten Wirtschafts- und CDU-geführten Umweltministerium ausgearbeitet wurde.

Auf diese eindringliche Warnung lief letztlich alles hinaus, was rund zwanzig Wissenschaftler auf der 3. Internationalen Energie- und Klimakonferenz (IEKK) jüngst in Berlin vorgetragen haben. Die Reihe der Vortragenden umfaßte Physiker, Informatiker, Geophysiker, Chemiker, Geologen, Klimageographen, Meteorologen, Elektroingenieure, Ökonomen, Betriebswirtschaftler und Publizisten – die meisten aus Deutschland, andere aus Frankreich, Israel, Australien, Kanada und den USA. Es war eine Art Gegenkonferenz zum derzeitigen UN-Klimagipfel in Cancún.

Die von ihnen erläuterten Zusammenhänge und Argumentationen sind für das Energiekonzept geradezu niederschmetternd. Am 28. September hatte es die Bundesregierung beschlossen. Mit ihm will sie die Energiepolitik bis 2050 festlegen. Es sieht vor allem den gigantischen Ausbau der Stromerzeugung mit Hilfe von Wind- und Sonnenkraft vor. In 40 Jahren soll Deutschland 80 Prozent seines Stroms aus sogenannten erneuerbaren Energiequellen beziehen – also ohne Kohle, Öl, Gas und Kernenergie. Begründet wird dies mit der nach wie vor unbewiesenen Behauptung, das menschlich verursachte (anthropogene) Kohlendioxid (CO2) heize als „Treib­hausgas“ das Erdklima auf. Um das zu verhindern und das Klima zu „schützen“, sei dieses CO2 bis 2050 um 95 Prozent zu verringern. Auf vielfältige Weise haben die IEKK-Wissenschaftler belegt, daß dies nicht gelingen kann und die CO2-These falsch ist.

Die politische Führung in Deutschland und der EU will die CO2-Verminderung trotzdem mit massivem Druck durchsetzen. Alle Hauseigentümer sollen zwangsweise die Heizkosten senken und alle Häuser „energetisch sanieren“, vor allem dämmen. Die Kraftwerke sollen den Strom aus fossilen Energieträgern durch „Öko-Strom“ ersetzen. Das bedeutet: noch mehr Photovoltaik auf den Dächern, noch mehr Windkraftanlagen im Meer und in der Landschaft, Tausende Kilometer neuer Stromleitungen bauen sowie das unvermeidliche CO2 mit Riesenaufwand unter die Erde verpressen (Carbon Dioxide Capture and Storage/CCS). Die Zwangseinspeisung von Ökostrom ins Netz und hohe Abnahmepreise dafür gibt es bereits. Sparlampen (trotz ihres giftigen Quecksilbers) wurden ebenfalls schon verordnet. Von 2011 an müssen dem Benzin zehn Prozent „Bio-Ethanol“ beigemischt werden (JF 49/10).

Berechnungen ergeben, daß sich der gegenwärtige Strompreis mit dem Energiekonzept in den nächsten fünf bis sieben Jahren mindestens verdoppeln wird. Dieter Ameling, Ingenieur und vormals Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, führte vor, daß die Energiekosten für die internationale Wettbewerbsposition der deutschen Grund- und Werkstoffproduzenten existentiell sind und daß das Energiekonzept deren Existenz in Deutschland bedroht. Das betrifft die Chemie-, Glas-, Papier-, Metall-, Stahl-, Zement-, Kalk- und Keramikindustrie. Nur mit wettbewerbsfähigen Energiekosten könnten sie, so Ameling, überleben. Anderenfalls würden sie abwandern.

Mit diesem Abwandern stehen viele Arbeitsplätze auf dem Spiel. Der Meß- und Regelungstechniker Michael Limburg sprach von einem „dramatischen Verlust“. Vom Exodus seien zuerst die 850.000 Arbeitsplätze in der Grundstoffindustrie betroffen, dann die in vielen anderen Wirtschaftszweigen. Mit jedem Arbeitsplatz, der bei den „erneuerbaren Energien“ entstehe, gingen als Folge 2,2 bis sechs Arbeitsplätze in anderen Branchen verloren. Er stellte als Tatsache fest: „Das Energiekonzept ist zum ‘Klimaschutz‘ untauglich. Es verteuert und verschlechtert maßlos unsere Energieversorgung.“ Das sahen die übrigen Konferenzteilnehmer nicht anders.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) belastet den deutschen Industriestrompreis nach Amelings Angaben mit derzeit gut 20 Prozent. Dieser Anteil steige 2011 auf 32 und 2012 auf 35 Prozent. Weitere Zunahmen sind mit dem Energiekonzept programmiert. Auch für die privaten Haushalte wird sich der Strom als EEG-Folge immer spürbarer verteuern. Mit dem Energiekonzept werde Deutschland, so Ameling, wegen nicht wettbewerbsfähiger Energiekosten und wegen extrem knapper CO2-Zertifikate schrittweise deindustrialisiert: „Deutschland muß ein Industrieland bleiben“, mahnte Ameling, unterstützt und untermauert von den übrigen Konferenzteilnehmern.

Ameling verwies auf die wahren Ziele der „Klimaschützer“ und hierzu vor allem auf die Äußerungen von Ottmar Edenhofer, dem Chefökonomen am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), in der Neuen Zürcher Zeitung vom 14. November: „Die Klimapolitik hat nichts mehr mit Umweltschutz zu tun. Da geht es um harte Wirtschaftspolitik. Klar gesagt: Wir verteilen durch die Klimapolitik de facto das Weltvermögen um.“ Ebenfalls als Ziele nennt Edenhofer Begriffe wie „industrielle Transformation“ und „Dekarbonisierung der Wirtschaft“ sowie „gesellschaftlicher Umbau“.

Das Europäische Institut für Klima und Energie (EIKE):  www.eike-klima-energie.eu

 

Energiekonzept der Bundesregierung

„Entsprechend der Koalitionsvereinbarung sollen bis 2020 die Treibhausgas­emissionen um 40 Prozent und entsprechend der Zielformulierung der Industriestaaten bis 2050 um mindestens 80 Prozent – jeweils gegenüber 1990 – reduziert werden“, steht im Energiekonzept der Bundesregierung. „Bis 2020 soll der Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch 35 Prozent betragen.“ Im Verkehrsbereich müsse der Endenergieverbrauch bis 2020 um rund zehn Prozent und bis 2050 um rund 40 Prozent gegenüber 2005 zurückgehen. Die Laufzeit der 17 Kernkraftwerke in Deutschland wird um durchschnittlich zwölf Jahre verlängert, die subventionierte Förderung heimischer Steinkohle werde beendet. Zum Thema Mobilität heißt es: „Unser Ziel ist es, eine Million Elektrofahrzeuge bis 2020 und sechs Millionen bis 2030 auf die Straße zu bringen.“

„Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung“ vom 28. September 2010:  www.bmu.de

Foto: Zementfabrik Holcim bei Hannover: Nur mit wettbewerbsfähigen Energiekosten kann die Grundstoffindustrie in Deutschland überleben

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