© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/10 10. Dezember 2010

Finaler Angriff auf den demokratischen Nationalstaat
Die Euro-Revolution
Dieter Stein

Die Griechenland-Krise, die Irland-Krise – sie entpuppen sich als Eskalationsstufen eines Umsturzes der staatlichen und wirtschaftlichen Ordnung Europas. Befeuert von Politikern und Hand in Hand mit für die Schuldenmisere mitverantwortlichen Großbanken. Aus einer Freihandelszone soll eine Transferunion, aus einem Staatenbund ein Bundesstaat geschaffen werden. Die aktuelle Euro-Schwäche soll sich nicht gegen den supranationalen Turmbau zu Brüssel, sondern gegen die verbliebene Substanz nationalstaatlicher Souveränität wenden.

Die Beteuerung von Kanzlerin Merkel, man plane nicht die Ausgabe gemeinsamer europäischer Staatsanleihen, streut Sand in die Augen der Deutschen. Die Süddeutsche Zeitung benennt nüchtern, daß uns solche „Euro-Anleihen“ teuer zu stehen kommen werden, da wir anderen unsere Bonität leihen, erklärt aber auch, weshalb sie dennoch kommen sollen: „Ohne solche Transfers wird die Euro-Krise nicht zu lösen sein. Das ist die vielleicht härteste Wahrheit, die Merkel und Schäuble den Bürgern vermitteln müssen.“ Finanzminister Schäuble geht deshalb auch schon weiter: In einem Gespräch mit einer britischen Zeitung erklärt er freimütig auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, daß der Bundestag der Einfachheit halber sein Budgetrecht an Brüssel abtreten würde: „Wenn Sie heute um eine Abstimmung bitten würden, bekämen Sie kein Ja als Antwort. Wenn Sie uns aber einige Monate geben, um daran zu arbeiten ... dann sehe ich eine Chance dafür.“

Die Abgabe der Hoheit über den eigenen Haushalt wäre der letzte Schritt zur Aufgabe der nationalstaatlichen Souveränität. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb in seinem Urteil zum Lissabon-Vertrag im letzten Jahr festgehalten:

„Eine das Demokratieprinzip und das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag in seinem substantiellen Bestimmungsgehalt verletzende Übertragung des Budgetrechts des Bundestages läge vor, wenn die Festlegung über Art und Höhe der den Bürger treffenden Abgaben in wesentlichem Umfang supranationalisiert würde. Der Deutsche Bundestag muß dem Volk gegenüber verantwortlich über die Summe der Belastungen der Bürger entscheiden. Entsprechendes gilt für wesentliche Ausgaben des Staates. In diesem Bereich obliegt gerade die sozialpolitische Verantwortung dem demokratischen Entscheidungsprozeß, auf den die Bürger mit der freien und gleichen Wahl einwirken wollen. Die Hoheit über den Haushalt ist der Ort konzeptioneller politischer Entscheidungen über den Zusammenhang von wirtschaftlichen Belastungen und staatlich gewährten Vergünstigungen.“

Unsere politischen Eliten sind bereit, die verfassungsrechtliche Ordnung unserer Nation zu beseitigen. Die hysterisch auf die Spitze getriebene Euro-Krise soll die Deutschen zur bedingungslosen Kapitulation vor einer „alternativlosen“ Politik Brüsseler Notverordnungen treiben. Nicht mit uns.

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